Die Geschichte beginnt mit einer Begegnung auf dem Bahnsteig: Josef Rosenkötter (Peter Matić, die deutsche Stimme von Ben Kingsley) holt eine Frau (Edith Hancke) ab, die mit dem Zug aus Mainz eintrifft. Die beiden haben sich offenbar über eine Partnerschaftsannonce kennen gelernt, fahren zu seinem schmucken Eigenheim, finden sich sympathisch und kommen sich näher, als der Mann plötzlich eine Pistole zückt und die Frau erschießt; völlig ungerührt geht er anschließend mit seiner Gattin Elke (Gertrud Kückelmann) auf eine Party. Später kommt er wieder heim, schlägt eine Scheibe ein, kippt ein paar Schubladen aus und ruft die Polizei, der er eine dreiste Theorie auftischt: Offenbar habe ein Einbrecher seine Frau erschossen. Die Untermieterin bestätigt die Identität der Toten. Haferkamp (Hansjörg Felmy) spürt, dass da etwas nicht stimmt, aber es ist nur eine Ahnung ohne konkrete Indizien.
Den wahrhaft heimtückischen Plan, der hinter Rosenkötters Verhalten steckt, enthüllt Drehbuchautor Peter Hemmer erst später: Kurz zuvor hat der Unternehmer, dessen Brennstoffhandel in finanziellen Schwierigkeiten steckt, eine Lebensversicherung auf Elkes Namen abgeschlossen; die Million will das Ehepaar nun kassieren. Gerade noch rechtzeitig ahnt Elke jedoch, dass der Gatte den Geldsegen lieber mit der attraktiven jungen Untermieterin (Susanne Beck) genießen möchte. Also dreht sie den Spieß um, übernimmt selbst die Initiative und entwirft eine Strategie, die der des Gatten an Perfidie nicht nachsteht. Zu diesem Zeitpunkt hat Hemmer allerdings längst die Erzählperspektive gewechselt und schildert die Handlung nun aus Sicht der Kommissare, die komplett im Dunkeln tappen.
Dass „Rechnung mit einer Unbekannten“ nicht völlig konstruiert wirkt, verdankt der Film einem äußerst sorgfältigen Drehbuch, das offenbar mit dem Ehrgeiz geschrieben worden ist, den perfekten Mord zu schildern: Wer schon tot ist, kann nicht mehr ermordet werden. Genau darin liegt die Chance für Elke Rosenkötter: Ein besseres Alibi als den eigenen Tod gibt es nicht. Wie raffiniert der Plan des Gatten (und damit auch das Buch) ist, zeigt die Rolle, die er der Frau aus Mainz selbst nach ihrem Ableben noch zugedacht hat. So ergibt sich ein Gastauftritt für Nicole Heesters als Haferkamps pfälzische Kollegin Marianne Buchmüller: Die erste „Tatort“-Kommissarin hatte wenige Monate zuvor ihr Debüt im Sonntagskrimi gefeiert.
Regie führte der frühere Schnittmeister Wolfgang Becker, nicht zu verwechseln mit dem gut vierzig Jahre jüngeren gleichnamigen Regisseur von „Good Bye, Lenin!“. Der ältere Becker war ein gefragter Fernsehfilmregisseur, der wegen erfolgreicher Mehrteiler wie „Der Tod läuft hinterher“ oder „Babeck“ als Krimispezialist galt. Der Film enthält viele Dialogszenen, zumal sich der redselige Rosenkötter ständig neue Theorien für die Ermittler ausdenken muss, um die weiteren Ereignisse zu rechtfertigen, aber trotzdem ist es Becker gelungen, große subtile Spannung zu erzeugen. Entscheidenden Anteil daran hat nicht zuletzt die Bildgestaltung durch Joseph Vilsmaier, der zehn Jahre später mit „Herbstmilch“ selbst ein erfolgreicher (Kino-)Regisseur wurde. „Rechnung mit einer Unbekannten“ spielt im tiefsten Winter; einige Außenaufnahmen im Nebel passen gut zur Stimmung des Films, zumal schon allein die großstädtischen Schneemassen ein für heutige Verhältnisse ungewohnter Anblick sind.
Wichtiger für die spezielle Atmosphäre des Films ist jedoch die Musik, die zudem belegt, wie aufgeschlossen der damals immerhin fast siebzig Jahre alte Becker war: Er hat auf eine originäre Komposition verzichtet und sich stattdessen leitmotivisch beim zwei Jahre vor der Ausstrahlung (1978) erschienenen Album „Tales of Mystery and Imagination“ von The Alan Parsons Project bedient. Musikproduzent Parsons und Komponist Eric Woolfson hatten ihr LP-Debüt dem Mystery-Goßmeister Edgar Allan Poe gewidmet, aber gerade das Eröffnungsstück „A Dream Within a Dream“ passt auch musikalisch verblüffend gut zur Geschichte, zumal es einige Bearbeitungen gibt; so ist zum Beispiel die markante Basspassage verlängert worden, um die Spannung in einer Szene auf den Höhepunkt zu treiben. Ähnlich geschickt ist der Einsatz der berühmten „Ballade pour Adeline“ des damals außerordentlich beliebten Pianisten Richard Clayderman; Becker verwendet sie als Todesmelodie. Bloß die Pink-Floyd-Klänge zu Beginn wollen nicht recht zu den spießigen Partygästen passen.