Tatort – Nachtgeflüster

Soziales Gewissen vom Rhein: 10 Jahre beste Haltungsnoten für Behrendt & Bär

Foto: WDR / Uwe Stratmann
Foto Rainer Tittelbach

Vor zehn Jahren holte der WDR den „Tatort“ nach Köln und kreierte das Ermittler-Duo Ballauf/Schenk. Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär streiften sich ihre Kommissarsrollen so authentisch über, dass man Rolle und Schauspieler oft nur schwer unterscheiden konnte. Nach drei Jahren und zehn ausnehmend guten Filmen waren sie zu Recht die Nummer 1 des ARD-Krimiflaggschiffs… „Nachtgeflüster“ ist ein gelungener Jubiläums-„Tatort“.

Vor zehn Jahren holte der WDR den „Tatort“ nach Köln und kreierte das Duo Ballauf/Schenk. Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär machten sich von Anfang an gut als Kommissare. Sie streiften sich die Charaktere so authentisch über, machten sich deren Menschlichkeit, Macken und Marotten so zu Eigen, dass man Rolle und Schauspieler nur schwer unterscheiden konnte. Nach drei Jahren und zehn guten Filmen waren sie zu Recht die Nummer 1 des ARD-Krimiflaggschiffs. Die Leser der führenden Programmzeitschriften wählten sie regelmäßig zum besten „Tatort“-Team. Auch in den Einschaltquoten (8 bis 9 Mio. Zuschauer) spiegelte sich die große Beliebtheit des Kölner Duos und seiner besonders markanten Fälle.

Sieben Jahre und 27 „Tatorte“ später feiert nun der WDR erstmals so richtig sein Team aus der Domstadt. In „Nachtgeflüster“ spricht Schenk zu Beginn den Kollegen auf dessen 10-jähriges Dienstjubiläum an. Doch dem ist nach all den Leichen nicht nach feiern. Nach 80 Minuten kommt es dennoch zum verdienten Finale. Die Büro-Blondine der ersten Stunde, Lizzy alias Anna Loos, haucht ein Jubiläumsständchen. Es ist ein augenzwinkerndes Dankeschön, mit dem die Macher deutlich machen: es gibt Mord und Totschlag da draußen, doch wir machen – so realistisch das auch aussehen mag – Fernsehen. Wenn am Ende das Kommissariat die Kölschgläser hebt, dann passt das zum heimeligen Gefühl, das die beiden Kommissare und deren Darsteller zu erzeugen wissen. Schenk und Ballauf sind der Inbegriff des Kumpel-Duos, sie sind zwei TV-Figuren, mit denen man gern einen trinken gehen würde.

Profiliert hat sich „Tatort“ Köln immer wieder mit gesellschaftlich engagierten Themen wie organisierter Kinderhandel, umstrittene Wehrmachtausstellung oder Diamantenschmuggel und Landminen-Geschäfte im Zeitalter der Globalisierung. Solche Themen polarisieren. Die Schauspieler stehen voll und ganz hinter diesen „brisanten“ Stoffen. „Wenn wir mit dem ‚Tatort’ ein wichtiges Thema wie das große Geschäft mit den Landminen anstoßen können, und die Leute am nächsten Tag auf der Arbeit sagen: ‚was hältst du eigentlich davon?’, haben wir schon viel erreicht“, findet Behrendt. Im Falle von jenem „Minenspiel“ war der Erfolg ein ganz besonderer. Welcher Krimi kann schon von sich sagen, dass er im Ausschuss für Menschenrechte des Deutschen Bundestags gesichtet wurde. Gewürdigt wurde das Engagement des WDR-„Tatort“ unlängst mit dem Marler Fernsehpreis der Menschenrechte.

Tatort – NachtgeflüsterFoto: WDR / Uwe Stratmann
Claudia Völker (überzeugend wie gewohnt: Claudia Michelsen) weiß, dass Melissa mit ihrer Night-Talk-Sendung viele Neurotiker anzieht, aber ein anonymes Mordgeständnis gab es noch nicht. Nach einer quotenschwachen Zeit kann die Programmchefin nicht verhehlen, dass sie die gestiegenen Zuhörerzahlen des Privatsenders freut.

Themenfilme, die nicht zu simplen Thesenfilmen verkommen, waren das erklärte Ziel. Meistens klappte es. Das lag an den guten Autoren und Regisseuren wie Niki Stein, Kaspar Heidelbach oder Züli Aladag, vor allem aber an dem, was Behrendt und Bär in die Filme einbrachten: ihre Physis. Beide sind Bauchschauspieler, sie verschmelzen mit ihren Rollen. Auf ihren Gesichtern und in ihrem Verhalten spiegeln sich die Fälle wider. Dass das ganze Leid der Welt allein auf den männlichen Schultern der beiden Kölner Kommissare abgelegt wird, war zunächst eine Stärke: Ballauf und Schenk waren die idealen Identifikationsfiguren mit besten Haltungs-Noten. Der Zuschauer wurde schnell mit den beiden warm. Doch zwischenzeitlich ermüdete einen das alles beherrschende soziale Gewissen der Kommissare, ähnlich wie das Gefrotzel zwischen den beiden großen Jungs. Gewohnheit machte sich breit.

Doch zuletzt lohnten sich die „Tatorte“ aus Köln wieder. Auch „Nachtgeflüster“, kann sich sehen lassen. Ballauf und Schenk müssen den Mord an einem Polizisten aufklären. Dabei verschlägt es sie in die einsame Welt jener Nachteulen, die in Radio-Talkshows ihr Herz ausschütten. Im Nighttalk „Melissas Nachtgeflüster“ meldet sich mit verstellter Stimme der vermeintliche Mörder. Die Kommissare wollen nicht so recht glauben, dass der anonyme Anrufer der Täter ist – bis er den Beweis liefert: die Tatwaffe. (Text-Stand: 7.10.2007)

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Reihe

WDR

Mit Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Claudia Michelsen, Oliver Bröcker, Annika Kuhl, Christian Wanzl, Brigitte Zeh, Aykut Kayacık

Kamera: Hagen Bogdanski

Schnitt: Bernd Schriever

Musik: Fabian Römer

Produktionsfirma: Colonia Media

Drehbuch: Jan Hinter, Stefan Cantz

Regie: Torsten C. Fischer

EA: 07.10.2007 20:15 Uhr | ARD

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