Ein Blutbad in der Villa eines angesehenen Chefarztes einer Privatklinik. Die Frau ist tot, der Mann kann gerettet werden. Und der Sohn schlief offenbar während der Tat nebenan seinen Rausch aus. Ein Raubmord ist ausgeschlossen. Für Ballauf und Schenk ist der Fall nicht ganz einfach. Professor Gann, der bald wieder auf den Beinen ist, führt sich nicht nur in seiner Klinik wie der Herrgott auf. Seinen verdächtigen Sohn entzieht er der Vernehmung und selbst hat er zur Aufklärung des Falls auch wenig beizutragen. Ein Mann, der Gann und seinen Kompagnon verklagt hat und den die Prozesse seine Existenz gekostet haben, ist der erste Verdächtige. Auch im Umfeld der Klinik gibt es Menschen, denen der alkoholkranke Chefarzt, der den Blick für die Realitäten verloren hat, ein Dorn im Auge ist.
Im WDR-„Tatort: Mit ruhiger Hand“ dreht sich alles um die hochprozentige Verdrängung von Problemen. Wie der Vater so der Sohn – und sogar Max Ballauf, der gleich zu Beginn verkatert am Tatort erscheint, wird von der Polizeipsychologin als gefährdet eingestuft. Autor Jürgen Werner begnügt sich nicht mit Behauptungen, das Bier zur Entspannung bleibt kein Lippenbekenntnis. Wie der medizinische Helfer selbst zum Hilfebedürftigen wird, zeigt der Film von Maris Pfeiffer immer wieder in eindrucksvollen Szenen. Es ist der Druck im OP, dem der Griff zur Flasche folgt: die Herausforderung des Schicksals, die Sekunden zwischen Ohnmacht und Allmachtsgefühl. Solche Momente, aber auch die häuslichen Szenen zwischen Vater und Sohn (beeindruckend: Wiesnekker, Redetzki), die feuchttragische Zelebrierung der Einsamkeit, hier mit großer Oper, dort mit Hip-Hop, reißen diesen Whodunit-Krimi immer wieder aus der Ermittlungsroutine. Ein sauber gebauter, klug konstruierter, atmosphärisch fotografierter, eindringlich gespielter „Tatort“ aus Köln. (Text-Stand: 23.8.2009)