Tatort – Manila

Behrendt, Bär, Mathieu Carrière, Niki Stein und das Leid des Jungen aus Manila

Foto: WDR / Kerpenisan
Foto Rainer Tittelbach

„Kinder als Sex-Ware verschickt – über dieses Thema wollten wir einen realistischen Krimi machen“, so Niki Stein über den „Tatort – Manila“. Ein Staatsanwalt als Kinderschänder? Ein deutscher Polizist in geheimer Mission in Manila. Das deutsche Team bekam ein schlechtes Gewissen und gründete einen Verein, der jungen Philippinos den Ausstieg aus der Prostitution ermöglichen sollte. Ein zwiespältiger Film. „Manila“ mochte 1998 zwar für das Tabu-Thema sensibilisieren, Niki Stein ging dabei aber zu plakativ und spekulativ zu Werke!

„Kinder als Sex-Ware verschickt – über dieses Thema wollten wir einen realistischen Krimi machen“, so Autor und Regisseur Niki Stein über den WDR-„Tatort – Manila“. Bei der Recherche auf den Philippinen stieß er auf eine unglaubliche Geschichte: Er traf ein Mädchen, das von einem deu7tschen Paar nach Deutschland gelockt und zur Prostitution gezwungen worden war. Im Film ist es der achtjährige March, der im Auto eines Staatsanwalts entdeckt wird. Völlig verstört begibt sich der Junge mit der Dienstwaffe von Kommissar Ballauf auf die Straßen von Köln. Der neue Dienststellenleiter ist davon überzeugt, dass es sich bei dem jovialen Juristen um einen ausgefuchsten Kinderschänder handelt. Weil Kollege Schenk gerade anderweitig ermittelt, macht sich Ballauf allein und zunächst privat auf den Weg nach Manila. Dort landet er erst einmal im Knast – ausgerechnet wegen Kindesmissbrauchs.

Acht Tage wurde in Manila gedreht. „Film schönt“, so Niki Stein. „Die Leute leben hier wie auf Müll.“ Zwei befreundete Pater vermittelten den Dreh, am Ende spielten sogar einige der Bewohner als Statisten mit. „Es blieb trotz allem für uns sehr zweischneidig, dort zu drehen.“ Stein macht sich nichts vor: „Das Besondere war, dass wir hier tatsächlich mit Betroffenen gearbeitet haben. Und wir sind wohl recht zynisch mit ihnen umgegangen.“ Das habe das ganze Team belastet. Mit ein Grund, den Verein „Tatort e.V. – Straßen der Welt“ ins Leben zu rufen, der jungen Philippinos den Ausstieg aus der Prostitution ermöglichen soll. Der „Tatort – Manila“ ist noch in anderer Hinsicht bemerkenswert. Der Spielfilm ist Bestandteil eines Medienpakets zum Thema Sextourismus und Kinderprostitution, das in der Bildungsarbeit eingesetzt werden soll. Außerdem gibt es eine Dokumentation gleichen Titels, in dem auch das Mädchen zu Wort kommt, nach dessen Geschichte der „Tatort“ entstanden ist.

Kein Zeigefinger-Programm. „Wir machen zunächst einmal Unterhaltung, wollen viele Zuschauer erreichen und einen guten Krimi produzieren“, so WDR-Fernsehfilmchef Gunther Witte. „Dass der Film am Zuschauer nicht vorbeiplätschert“ – das wünscht sich Klaus J. Behrendt. Das wird nicht passieren. „Manila“ steckt voller Emotionen – auch für die Zuschauer, die die realen Zustände nicht kennen. Der Film geht sogar etwas zu plakativ an sein Thema heran. Betroffenheit war offenbar oberste WDR-Pflicht – dabei geriet allerdings die Bucharbeit etwas ins Hintertreffen. Dennoch zeigt dieses Projekt bei allen Schwächen, was mit einem populären Format wie „Tatort“ alles möglich ist. (Text-Stand: 18.4.1998)

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Reihe

WDR

Mit Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Anna Loos, Mathieu Carrière, Antje Schmidt, Walter Gontermann, Tom Taus, Susan Africa, Milanie Sumalinog und Iris Böhm

Kamera: Arthur W. Ahrweiler

Schnitt: Corina Dietz

Musik: Ulrich Spiess, Jacki Engelken

Produktionsfirma: Colonia Media

Drehbuch: Niki Stein

Regie: Niki Stein

EA: 19.04.1998 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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Kontoinhaber: Rainer Tittelbach