Tatort – LU

Folkerts, Jürgen Vogel, Oetzmann. Guter Look, maue Story & viele Halbheiten

Foto: SWR / Alexander Kluge
Foto Volker Bergmeister

Der Titel steht für eine Stadt und eine Figur: Im „Tatort – LU“ geht Lena Odenthal in ihrer Stadt nicht nur auf Mörderjagd, sondern lässt sich auch noch von dem unberechenbaren und provozierenden Lu den Kopf verdrehen. Regisseur Jobst Christian Oetzmann hat den Krimi ästhetisch anspruchsvoll inszeniert, Jürgen Vogel ist als Lu eine feine Besetzung, doch die Story ist arg konstruiert und von geringer Strahlkraft. Und in der Binnenwelt des Kommissariats liefern sich Lena und ihre junge Kollegin einen behaupteten Zickenkrieg.

Mord in der Ludwigshafener Innenstadt. Das Opfer war ein Auftragskiller und wohl vor 15 Jahren in den Tod eines jungen Chemikers verwickelt. Dessen Freund und Kollege Dr. Mark Mross (Christoph Bach), gerade auf dem Sprung in den Vorstand des Chemiewerks, kann oder will Lena Odenthal (Folkerts), Mario Kopper (Hoppe) und Johanna Stern (Bitter) nicht weiterhelfen. Die Ermittler vermuten einen Zusammenhang zwischen den beiden Verbrechen, Dann begegnet Lena einem Mann, der ihr schon in der Nähe des Tatorts aufgefallen war: Lu Wolff (Jürgen Vogel). Der ist ein ehemaliger Geldeintreiber, war lange nicht mehr in Ludwigshafen und sucht auffalllend die Nähe zu Lena. Immer tiefer tauchen die Ermittler in die Vergangenheit ein. Und Lena muss sich entscheiden, wie sie mit Lu umgehen soll.

Vor 13 Jahren war Jürgen Vogel schon einmal der Gegenspieler von Ulrike Folkerts im „Tatort“. Der außergewöhnliche Krimi hieß „Flashback“ – und Vogel war gerade mal 15 Minuten dabei, dann flog er in die Luft. Diesmal ist ihm ein deutlich längerer Auftritt beschieden, sein „Abgang“ soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Im „Tatort – Lu“, aus der Feder von Dagmar Gabler, die einige bemerkenswerte „Tatort-Folgen für die Kölner („Der Fall Reinhardt“) und das Bremer Team („Schlafende Hunde“) geschrieben hat, darf er als titelgebender ehemaliger Geldeintreiber Lu der Kommissarin zudem schöne Augen machen. Nicht der Erste, der versucht bzw. versucht hat, in mehr als 25 Jahren TV-Ermittlungen Lena den Kopf zu verdrehen. Nur kommt das hier sehr unvermittelt daher, besitzt kaum Entwicklung und wird von Ulrike Folkerts leider auch überspielt. Und dass ausgerechnet Lena, die immer wieder darauf hinweist, dass man nichts gegen Lu in der Hand hat, den Mann nach einem Verhör eine Nacht in die Arrestzelle schickt, erschließt sich nur schwer.

Tatort – LUFoto: SWR / Alexander Kluge
Annäherung nicht nur einer Verletzung wegen. Jürgen Vogel & Ulrike Folkerts in „LU“, einem SWR-„Tatort“ mit tollem Look

Regisseur Jobst Christian Oetzmann („Der Novembermann“) verpasst dem „Lu“ einen coolen Look. Nächtliche Impressionen von Ludwigshafen, die Citylights unterlegt mit feinen Jazzklängen, (etwas viele) Zeitlupen und grobkörnige Bilder (Kamera: Jürgen Carle) – alles drin. Doch die Form will nicht so recht zu dieser Geschichte passen. Stutzig wird man im Krimi immer, wenn nach einiger Zeit eine Zusammenfassung der Ereignisse eingeflochten wird. Hier in Minute 37: Frau Odenthal erklärt im Büro ihren Mitarbeitern, was bisher geschah. Und die – nennen wir es – Kabbelei mit ihrer jungen Kollegin entwickelt sich nicht weiter, bekommt keine neue Ebene. Nirgends wird spürbar, warum Lena so stutenbissig ist in Bezug auf Frau Stern. Die wiederum telefoniert viel, um sich um private Dinge zu kümmern. Und tatsächlich, da ist etwas: Das darf dann Büroseele Edith auflösen, indem sie ihrer Chefin erklärt, dass Frau Stern gestresst ist, weil ihre beiden Kinder Windpocken haben… Peinlich wird es, wenn die junge Kommissarin gemeinsam mit Kopper eine dilettantisch angelegte Observation liefern muss und Frau Stern dies zurechtrückt mit den Worten: „Ich bin keine Feldmaus“. Vieles wird behauptet in diesem „Tatort“, aber es wird nicht gespielt.

Klar, dieser Lu ist eine prima Rolle für Jürgen Vogel. Die zwielichtigen, geheimnisvollen, gestrauchelten Typen, die mag er und verkörpert er wie kaum ein anderer. Und als Narbengesicht kann er bei seiner Physiognomie noch ein kleines Ausrufezeichen setzen. Aber den Flirt mit Lena, nein, den kauft man ihm nicht ab. Christoph Bach als rücksichtsloser Karrierist fällt gegen Vogel ab, zu charismatisch und dominant ist der Lu gegenüber seiner Figur des Mark Mross angelegt. Ein netter Einfall ist die Besetzung mit Ingrid van Bergen als Charlotte, die für Lu, Mark und auch Lena als Anlaufstelle dient, um Informationen aus der Szene zu bekommen. Die Bergen spielt klein aber fein. Ärgerlich: Dialekt sprechen in diesem Ludwigshafen-“Tatort“ wieder nur Randfiguren. Die Spurensicherung darf pfälzisch reden, oder die Obdachlosen, die kurz auftauchen. Dialekt nur als lieblose Garnierung. Ein cooler Look mit ästhetisch anspruchsvollen Bildern, eine eher maue, überkonstruierte Geschichte, eine emotional herumirrende Lena Odenthal, Kollege Kopper im Abseits und Frau Stern, die frischen Wind reinbringen sollte, als laues Lüftchen – der „Tatort – Lu“ macht deutlich, dass auch im Südwesten mal ein Wechsel angesagt wäre.

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Reihe

SWR

Mit Ulrike Folkerts, Andreas Hoppe, Jürgen Vogel, Lisa Bitter, Christoph Bach, Jürg Löw, Ingrid van Bergen, Hendrik Heutmann

Kamera: Jürgen Carle

Szenenbild: Klaus R. Wienrich

Schnitt: Martina Butz-Kofer

Produktionsfirma: Maran Film

Drehbuch: Dagmar Gabler

Regie: Jobst Christian Oetzmann

Quote: 9,47 Mio. Zuschauer (26,2% MA)

EA: 13.12.2015 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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