„Die Ewigkeit in der Liebe ist ziemlich kurz“, heißt es in Christian Jeltschs „Tatort: Liebe, Sex, Tod“. Umso länger sind die Phasen der Einsamkeit. Und die macht pervers – wie die Geschichte um Blind Dates, Erotik-Thrill und eine Mörderin in Leder beweist. Peter Fratzscher („Wolffs Revier“) inszenierte diesen weniger leichtgewichtigen Beitrag zum Zeitthema das Singletum (der Großstädter), das ja sonst ausschließlich in Komödien kursiert.
Ein Sex-Killer geht um im sommerlichen München. Die Temperaturen steigen, Sinne und Seele kochen. Ein Streifenpolizist wird Opfer seiner sexuellen Phantasien: erstochen und verstümmelt von einer bizarren, ganz in schwarzes Leder gekleideten Lady. Leitmayr und Batic, selbst seit neuestem mit einer einsamen Pathologin („Es wird Zeit für mich“) verbandelt, stoßen nach und nach auf zwei verdächtige Frauen, eine ebenso lebenshungrige wie filmverückte Videothekarin und eine ziemlich weltfremde Spielwarenverkäuferin. Schließlich geraten sie mittenrein in die konsumgerechten Auswüchse des postmodernen Single-Daseins, in Flirtschulen, Abenteuerprostitution oder sogenannte Therapieparties gegen Impotenz.
Zynismus und Triebabfuhr im großen Stil – das sind die Überlebensstrategien der modernen Großstadtmenschen, die sich in diesem BR-„Tatort“ tummeln. „Selbst wenn sie am Ende humorvoll wirken, muß ich deren Tragik zunächst spüren“, so Jeltsch. Sein oberstes Gebot: die Figuren ernst nehmen, selbst bei noch so großer Verschrobenheit. „Gewinner interessieren mich weniger, ich möchte von Figuren erzählen, die in ihrem Überlebenswillen eine gewisse Originalität besitzen.“ Alle werden in das hochsommerliche Schwitzbad der Triebe hinein gerissen – auch die Polizei. Lange Jahre überzeugte Singles, betrifft das Thema auch die Kommisare. Jeltsch: „Ich wollte die zwei nicht unberührt den Film durchmarschieren lassen.“ Davon abgesehen hat ja die emotionale Einbindung der Helden in ihre Fälle, was bis zur Verletzung der Dienstpflicht führen kann wie im legendären „Frau Bu lacht“, Tradition.
Nicht zu übersehen: ein bisschen abgekupfert wird auch in diesem BR-„Tatort“, vor allem bei „Schweigen der Lämmer.“ Und Pech hatte das Drehteam mit dem Hitzewellen-Motiv. „Im vergangenen Juni war es ja alles andere als heiß“, lächelt der 38jährige Münchner, der derzeit bei seinen Projekten „Moloch“ und „Vom Ende der Eiszeit“ (Regie: Matti Geschonneck) wieder in den Abgründen der Menschen zu fischen versucht. (Text-Stand: 6.4.1997)