Wer immer schon mal wissen wollte, wie „Speed-Dating“ funktioniert: Im „Tatort – Liebe macht blind“ wird diese wohl flotteste Art, jemanden kennen zu lernen, gleich mehrfach erläutert; selbst wenn’s der Wahrheitsfindung allenfalls in zweiter Linie dient. Aber weil der unvermeidliche Tote, mit dem der Krimi selbstredend beginnt, ein geradezu notorischer Freund dieser Form der Beziehungsanbahnung war, liegt es für die Berliner Kommissare Ritter (Dominik Raacke) und Stark (Boris Aljinovic) nahe, sich in der Szene zu tummeln. Vor allem Ritter nutzt die Gelegenheit, sich an eine junge Mode-Designerin (Elena Uhlig) ranzumachen. Allerdings steht die Dame in dringenden Tatverdacht, denn sie war mit dem toten Anwalt liiert und hat ziemlich unverblümte Drohungen auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen. Außerdem macht sie sich umgehend aus dem Staub, als Ritters Tarnung auffliegt. Kollege Stark wiederum schmachtet ein wenig eine hübsche Anwältin (Aglaia Szyszkowitz) an. Auch sie hatte eine Liaison mit dem Opfer. Beide waren in einen Fall von Steuerhinterziehung verwickelt; allerdings konnte ihnen nichts nachgewiesen werden. Und dann gibt es noch einen Anwaltsgehilfen, dessen stille Zuneigung zu seiner Chefin nicht zu übersehen ist.
Weil die fiskalische Verstrickung als Motiv zwangsläufig ungleich komplexer wäre als ein schlichter Mord aus Eifersucht, konzentriert sich der Film von Stefan Rogall (Buch) und Peter Fratzscher (Regie) auf die zweite Ebene; zumal man ja auf diese Weise die Gelegenheit hat, besagten Anschauungsunterricht zu geben. Natürlich ist der Krimi mit dem verräterischen Titel „Liebe macht blind“ nicht der erste Film, der sich des Themas annimmt. Zuletzt stürzte sich beispielsweise Katja Flint in die Single-Szene („Franziskas Gespür für Männer“, ZDF). Etwas ungelenk wirken zudem die Zwischenspiele mit einem Radiomoderator (Jörg Thadeusz, der „Außenreporter“ aus „Zimmer frei“), dessen melancholische „Lonely Hearts“-Sendung das Ensemble vermutlich endgültig zum Club der einsamen Herzen zusammenschweißen soll.