Die Kommissare Fritz Dellwo und Charlotte Sänger werden in ihr altes Präsidium gerufen. In dem leer stehenden Gebäude soll eine Leiche gefunden worden sein. Doch am vermeintlichen Tatort finden die beiden weder einen Toten noch die Kollegen, die die Leiche gefunden haben sollen. Statt dessen treffen sie auf bewaffnete Junkies, die die beiden als Geiseln nehmen. Ein Alptraum für die Kommissare. Doch nicht genug. Charlotte Sänger soll jetzt sogar noch den wegen eines Wiederaufnahmeverfahrens aus der Haft entlassenen Alexander Kern in das ehemalige Polizeipräsidium bringen. Was das alles soll, beginnt Dellwo zu erahnen, als er hinter dem Wachschützer den Vater des Mädchens erkennt, das Kern offenbar auf dem Gewissen hat. Doch der Vater will mehr als nur Rache. Er will auch Fritz Dellwo, der einst die Verhöre ergebnislos führte, ins Schwitzen bringen. Der Kommissar soll nun endlich dem selbstgefälligen jungen Mann ein Geständnis abringen.
Niki Stein, der das in diesem Jahr Grimme-Preis-gekrönte HR-„Tatort“-Team mit drei Folgen als Autor und Regisseur entwickelte, ist in die Main-Metropole zurückgekehrt. Im siebten Fall führt er die Kommissare zurück an die alte Wirkungsstätte und zeigt sie in einer ausweglosen Situation. Die Polizei als Handlanger eines durchgeknallten Opfers. Dellwo ist nicht nur mit seinem Ermittlerlatein am Ende, er sieht sich auch mit seinem eigenen Versagen im Falle Kern konfrontiert. Der Alptraum in „Leerstand“ bleibt nicht vordergründig. Niki Stein begnügt sich nicht mit der Variation eines formalen Genre-Spiels, indem er aus dem Krimi einen Thriller macht, er dringt mit diesem traumatischen, hoch spannenden und überraschenden Film auch ein in die Psychologie der Polizeiarbeit. Stein: „Es ist eine Reise in unser Innerstes, zu uns innewohnenden Aggressionen und Gefühlsregungen, die wir selber nicht wahrhaben wollen.
„Leerstand“ unterstreicht die Ausnahmestellung, die der hessische „Tatort“ im Konzert der Krimi-Reihen einnimmt. Keine Allerweltsfälle, keine Ermittlerroutine. Kantige Charaktere, von der kaputten Seite der Wirklichkeit angefressene Geschichten und der Mut, notfalls auch mal mit den Konventionen des Genres zu brechen. Die Besonderheit vermittelt sich beim Zuschauer vor allem über die Schauspieler – Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf, die ihre Protagonisten als psychophysische Einheit begreifen. Da werden seelische Verletzungen sinnlich spürbar, ohne dass monologisiert werden muss. Stark auch Christian Berkel. Was sagt doch Sawatzkis Sänger über ihn: „Ich kenn ihn irgendwoher.“ (Text-Stand: 9.10.2005)