Tatort – Es wird Trauer sein und Schmerz

Friedemann Fromms Voyeurismus-Krimi, in dem das Thema ästhetisch Raum greift

Foto: NDR / Marc Meyerbröker
Foto Rainer Tittelbach

Ein Serienkiller ist ein Faszinosum für Krimi-Fans, er enthält ein großes Verunsicherungs-Potenzial. Dieser Lindholm-„Tatort“ rückt stärker als andere Krimis auch die Hinterbliebenen in den Blick und zeigt, wie aus Opfern Täter werden. „Verletzlichkeit des Privaten“

Ein Heckenschütze scheint wahllos durch Niedersachsen zu morden. Zuletzt hat es einen Bäckereibesitzer erwischt. Lautlos dringen die Kugeln durch das Glas der Wohnzimmerfront und treffen den schutzlosen Körper. Draußen ist es Nacht, drinnen gibt es Szenen einer Ehe, hell ausgeleuchtet, für die Blicke der Nachbarschaft und den Mörder. In dem „Tatort: … es wird Trauer sein und Schmerz“ wird die Öffentlichkeit des Privaten ausgeleuchtet und mit einer klassischen Sniper-Geschichte verbunden. „Es geht um die Verletzlichkeit des Privaten“, sagt Regisseur Friedemann Fromm. „Um die Bedeutung des Schauens und Beobachtens in unserer heutigen Mediengesellschaft, in der ein Unglück erst als real empfunden wird, wenn Bilder davon existieren und herumgeschickt werden“, ergänzt die Autorin Astrid Paprotta.

Charlotte Lindholm setzt einmal mehr auf Alleingang. So kann sie sich den Testosteron geschwängerten Kollegen vom Hals halten. Umso näher kommt ihr dafür ein anderer Ermittler, einer, den diese ewigen Mordfälle in tiefe Verzweiflung stürzen. Jener Kai Bergmann klagt darüber, tagtäglich Dinge sehen zu müssen, die er am liebsten nicht sehen würde. Andere dagegen reißen sich darum, die blutigen Bilder zu sehen: sie gaffen, zücken ihre Handys und nutzen das Internet als Plattform für ihre Sensationslust.

Tatort – Es wird Trauer sein und SchmerzFoto: NDR / Marc Meyerbröker
Ein Kollege, der seinen Job nur schwer ertragen kann. Sven Lehmann und Maria Furtwängler. Und Charlotte Lindholm wird von Friedemann Fromm in ein etwas anderes Licht getaucht als bisher im „Tatort“.

Die kühle Kommissarin aus Hannover ist geschockt darüber und sie zeigt sich dünnhäutiger als gewohnt. Nach einem Schusswechsel sitzt sie in sich versunken da und weint. Fromm wollte die Angegriffenheit seiner sonst so coolen Heldin besonders hervorheben. Diesen Teil der Bürde „Lindholm“ aufzuheben, gelang ihm. Was in diesem dicht und stilsicher erzählten und von Jo Heim streng und klar fotografierten „Tatort“, der klug und sinnlich zugleich das Motiv des Voyeurismus in die Inszenierung einbringt, dagegen wie ein Fremdkörper wirkt, sind die privaten Augenzwinker-Geschichten mit Ingo Naujoks & Co.

Ein Serienkiller ist ein Faszinosum für Krimi-Fans, er enthält ein großes Verunsicherungspotenzial, weil die Tat nicht abgeschlossen ist. Dieser „Tatort“ rückt stärker als andere Krimis auch die Hinterbliebenen in den Blick und zeigt, wie aus Opfern Täter werden. Fazit: ein fast makelloser Meta-Krimi, in dem das Thema ästhetisch Raum greift.

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Reihe

NDR

Mit Maria Furtwängler, Sven Lehmann, Felix Vörtler, Anne Ratte-Polle, Patrick von Blume, Jörg Hartmann, Florian Stetter, Torsten Michaelis

Kamera: Jo Heim

Schnitt: Vessela Martschewski

Musik: Edward J. Harris

Produktionsfirma: Cinecentrum Hannover

Drehbuch: Astrid Paprotta

Regie: Friedemann Fromm

Quote: 9,13 Mio. Zuschauer (24,4% MA)

EA: 15.11.2009 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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