„Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.“ Im neuen WDR-„Tatort“ dreht sich alles um jenen Mangel an Zivilcourage, der sowohl der Polizei als auch den Soziologen zunehmend Sorge bereitet. „Ich dachte, irgendjemand wird sich schon kümmern“, sagt denn auch ganz typisch ein Augenzeuge eines Mordes in „Drei Affen“, einem emotional höchst intensiven, stilsicher inszenierten Krimi in einer modernen, unaufdringlichen Optik, den Kaspar Heidelbach („Verratene Freundschaft“) mit viel Gespür für Atmosphäre in Szene gesetzt hat.
Für Ben Keller, den neuen, jungen Kollegen von Ballauf und Schenk, ist es nicht gerade ein Einstand nach Maß. An seinem ersten Dienst-Tag wird seine Zukünftige und langjährige Kollegin bei der Drogenfahndung tot vor ihrem Haus aufgefunden. Angeblich hat keiner von den rund 150 Nachbarn des Wohnblocks etwas gesehen. Die Ermordete war schwanger. Ben wusste nichts davon. Der langjährige väterliche Freund Ballauf hat alle Hände voll zu tun, seinen „Schützling“, aber auch die aufgestachelten Kollegen in Zaum zu halten. Ein rachsüchtiger Kokain-Dealer ist der erste Verdächtige und beinahe wird er zum zweiten Toten.
Der „Tatort“ aus Köln ist immer dann gut, wenn Ballauf oder Schenk persönlich in den Fall involviert sind. Dieses Mal ist es der „Chef“ der Mordkommission, der emotional vorbelastet ist, ohne dass Klaus J. Behrendt in die aufgeregte Betroffenheits-Rhetorik früherer Geschichten verfallen muss. Im Kontrast zu Schenk, dem Bullen mit dem Hang zu Stammtisch-Parolen, etabliert sich Ballauf zunehmend zum Kriminaler, der mitempfindet und mitleidet, zugleich aber in der Lage ist, einen einigermaßen kühlen Kopf zu bewahren. Auch für das Phänomen „herumstehen und gaffen, statt helfen“ hat er eine wissenschaftlich fundierte Erklärung: „Je mehr Leute drumherumstehen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand eingreift. Jeder versteckt sich in der Menge.“ Ein solcher Satz fällt hier angenehm beiläufig. Und das ist eine Qualität des neuen „Tatort“ vom Rhein.
„Die affektive Einbindung der Kommissare darf nicht zur Formel erstarren“, betont denn auch Drehbuchautor Robert Schwentke. Aber auch die Sozialkritik, ein wesentlicher Bestandteil der bisherigen WDR-„Tatorte“, will man nicht zur Pose werden lassen. „Der Anspruch, mit der Story ein übergeordnetes Problem zu transportieren, kann nur in dem Maße gelingen, in dem auch die Handlung etwas taugt“, so Produzent und Ko-Autor Jan Hinter. Spekulation mit sogenannten „brisanten Themen“ will man ebenso wenig wie den Zeigefinger erheben. „Das Problem, warum sehen so viele Menschen weg, wenn andere in Not sind, das wollen wir nicht deuten, sondern lediglich ansprechen“, so Hinter. (Text-Stand: 26.9.1999)