Die Polizisten David Förster (Christoph Letkowski) und Anne Peters werden zu einem Notruf geschickt – ein Mann fühlt sich bedroht. Der Einsatz eskaliert und Anne wird lebensgefährlich verletzt. Als die Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) eintreffen, sind David und der Mann verschwunden. Alles deutet darauf hin, dass der Mann ermordet wurde. Kurz darauf taucht David wieder auf, weicht aber den Fragen zum Tathergang aus. Die Bremer Cops stoßen bei ihren Ermittlunegn auf den Familienclan der Nidals, der das Verbrechen in der Hansestadt Bremen fest im Griff hat: Prostitution, Waffen, Drogen – überall haben die Nidals ihre Finger drin. Hassan ist der Kopf. Doch Beweise gegen ihn sind schwer zu bekommen. Zeugen werden eingeschüchtert oder verschwinden spurlos. Während Peters im Krankenhaus mit ihren schweren Verletzungen kämpft, geraten Lürsen und ihr Kollege immer tiefer in einen Sumpf aus Drohungen und Gewalt. Und David Förster will auf eigene Faust – und mit Hilfe von Hassans Bruder Mesut (Matthias Weidenhöfer), genannt „Sunny“, der sich von der Familie losgesagt hat – den Clan zur Strecke bringen…
Asaf Avidans Ohrwurm und Chartbreaker „Reckoning Song (One Day)“ bildet die musikalische Klammer dieses packenden, atmosphärischen Krimis, inszeniert von Florian Baxmeyer. Wilfried Huismann (Journalist, Dokumentarist, dreifacher „Grimme-Preis“-Träger, u.a. für „Das Totenschiff“) und Dagmar Gabler haben das Drehbuch geliefert, eine brisante Story um einen arabischen Familienclan, der das organisierte Verbrechen in Bremen kontrolliert. Man merkt dem „Tatort“ an, dass mit Huismann ein rechercheerfahrener Autor am Werk war, der den entscheidenden Anstoß lieferte für die Begegnung mit Menschen, die in die Fänge eines Familienclans geraten waren. Wie heikel das Thema und delikat der Stoff ist, unterstreicht Co-Autorin Gabler: „Das Geschehen in unserem Film und in der Realität ist von Rassismen und vermeintlicher political correctness geprägt.“ Es geht um bedrohte Zeugen, eingeschüchterte Richter, Verbrecher, die sich selbst für das Gesetz halten (Hassan: „Nicht vergessen, ich bin hier das Gesetz“) und zwei Kommissare, die dagegen halten.
Foto: RB / Jörg Landsberg
Rasant und rhythmisch kommt Baxmeyers bereits siebter Bremen-„Tatort rüber. Das liegt auch an den intensiven Bildern von Marcus Kanter (ORF-Kultserie „Braunschlag“), der bei allen sieben Baxmeyer-Filmen hinter der Kamera stand. Die rohe, wilde Bildsprache erinnert an amerikanische Vorbilder, schafft so einen Realismus, der zu diesem gesellschaftlichen brisanten Thema passt. Wer sich mit organisiertem Verbrechen und ausländischen Clans in Deutschland beschäftigt, wird immer auch daran gemessen, inwieweit er es vermeidet, Klischees zu verwenden. Nun, das gelingt auch diesem Bremer „Tatort“ nicht durchgängig – wie beispielsweise bei den Pöbeleien des Clans während der Gerichtsverhandlung.
Gut, dass dieser Bremen-„Tatort auf persönliche Entwicklungen der Kommissare verzichtet, sie standen zuletzt deutlich im Vordergrund. Hier dominiert die brisante Geschichte. Das kommt dem Erzählfluss zugute. Richtig schade an dieser Gangstergeschichte mit gesellschaftlichen Hintergrund ist aber, dass das titelgebende Kernthema „Brüder“ zu wenig beleuchtet und herausgearbeitet wird. Denn es geht um Blutsbrüder aus Schulzeiten (David und Sunny), aber auch um echte, entzweite Brüder (Hassan und Sunny). Mehr Tiefe in dieser so wichtigen Facette der Geschichte hätte man sich durchaus gewünscht, Action und Spannung drängen sie in den Hintergrund. Erst zum starken Finale gewinnt dieses Thema langsam die Oberhand. Und der Schluss ist so beängstigend wie der ganze Film.