Spreewaldkrimi – Die Tränen der Fische

Kockisch, Koeberlin, Redl, Hübchen – „Auch verschlungene Wege führen zum Ziel“

Foto: ZDF / Nicolas Maack
Foto Rainer Tittelbach

Menschen, die sich beobachten, belauern, sich nicht die Wahrheit sagen. Der dritte ZDF-Spreewaldkrimi beginnt als atmosphärisches Puzzle aus zehn Figuren und mehreren Geschichten , die nach und nach zusammengfügt werden. Geschichten um Schuld und Sühne, um einen Vater-Sohn-Konflikt, der nach Versöhnung schreit. Das ist komplex, aber nie kompliziert und mit Uwe Kockisch gibt es einen, der den Zuschauer emotional mit nimmt auf dem Weg durch diesen Film. Ein echtes Ensemble-Stück mit dem Hang zu einer offenen „realistischen“ Dramaturgie. Ein Fernsehfilm, der zum genauen Hinsehen verführt.

„Wenn ich auf mein Leben zurücksehe, dann ist da nichts, auf das ich stolz sein kann. Ich bin dabei, alles zu verlieren – aus grenzenloser Dummheit.“ Harry Ritter ist ein melancholischer, einsamer Mann. 15 Jahre saß er im Knast – weil er geschwiegen hat nach einem Raubüberfall, bei dem ein Mann erschossen wurde. Einen Tag ist er in Freiheit, da wird ein Privatdetektiv tot aus dem Vlies geborgen: Eberhardt Lunger, einer von Ritters Komplizen. Klar, dass sich Kommissar Krüger seinen Reim darauf macht. Doch erst später. Zunächst muss er sich mit dem jungdynamischen Staatsanwalt Matthias Panasch herumschlagen. Bis der Einzelgänger-Ermittler herausfindet, dass Panasch der Sohn von Knastbruder Ritter ist. Derweil ist „Schlange“, der dritte Mann von damals, ein elendes Wrack, aus der Deckung gekrochen. Er fordert seinen Anteil ein. „Von 15 Jahren Knast?“, kontert Ritter und macht sich auf Versöhnungstour zur Familie seines Sohnes. Doch für Panasch ist sein Vater gestorben.

Spreewaldkrimi – Die Tränen der FischeFoto: ZDF / Nicolas Maack
Noch weiß der einzelgängerische Kommissar Krüger (Christian Redl) nicht, dass der Staatsanwalt (Matthias Koeberlin) der Sohn eines notorischen Verbrechers ist.

„Auch verschlungene Wege führen zum Ziel“, heißt es beiläufig in dem Fernsehfilm „Die Tränen der Fische“. Dieser Sinnspruch charakterisiert sehr treffend die Erzählweise des Films. Zehn Figuren werden eingeführt und erst nach und nach werden deren Identitäten und deren Rollen geklärt, die sie in der komplexen, aber nie übermäßig komplizierten Geschichte spielen. Der Film, der dritte der ZDF-Spreewaldtrilogie, folgt zunächst Menschen, die sich beobachten, belauern, die sich nicht die Wahrheit sagen. In fast jeder Szene, in jeder Interaktion spürt man zwischen den Agierenden ein Gefälle in punkto Macht, Kompetenz oder Moral. Das alles ist leise angedeutet, hingehaucht. Der Zuschauer wird es wahrscheinlich nur intuitiv wahrnehmen. Das ist das Angenehme an diesem Film: er erzählt – anstatt laufend die gegebenen Informationen zu erklären. Der Film verführt zum genauen Hinsehen.

Aus den verschiedenen Handlungssträngen ergibt sich ein Weg für den Zuschauer. Der führt in eine ebenso tragische wie hoch emotionale Familiengeschichte um Schuld und Sühne, in einen Vater-Sohn-Konflikt, der nach Versöhnung schreit. Und dieser Weg führt immer wieder durch den geheimnisumwobenen Spreewald. „Die Fließe verlangsamen das Geschehen und konzentrieren den Blick auf das Wesentliche“, umschreibt ZDF-Redakteur Pit Rampelt die atmosphärische Kraft der Landschaft, die die Tonlage des Films entscheidend mitprägt. Entsprechend werden die Geschichten dieses Ensemblefilms nicht straff und dicht zusammengezurrt, es bleiben nach 90 Minuten einige lose Enden. Das ist nicht das Ergebnis schwacher Drehbucharbeit, sondern ist eher dem Liebäugeln mit einer offenen „realistischen“ Dramaturgie geschuldet. „Der Film ist vielschichtig, verwoben, einander durchfließend wie der Spreewald, in dem Krimis immer Dramen sind“, gibt Drehbuchautor Thomas Kirchner („Schicksalsjahre“) Interpretationshilfe. Das kluge Konzept ist eine Steilvorlage für den österreichischen Regisseur Thomas Roth („Tatort – Exitus“) und für das starke Schauspieler-Ensemble: Uwe Kockisch und Christian Redl sind die Seele des Films, Matthias Koeberlin der Kopf und die die Frauen, Johanna Klante und Jenny Schily, das Herz. Bleibt Henry Hübchens Gangster: der sorgt für ein bisschen Ironie und reichlich Irrsinn. (Text-Stand: 28.3.2011)

Spreewaldkrimi – Die Tränen der FischeFoto: ZDF / Nicolas Maack
Ex-Komplize Schlange (Henry Hübchen) hat etwas dagegen, dass Ritter zur Ruhe kommt.

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Reihe

ZDF

Mit Uwe Kockisch, Christian Redl, Matthias Koeberlin, Johanna Klante, Jenny Schily, Henry Hübchen, Tristan Göbel, Dennis Moschitto, Anja Kling, Anja Knauer

Kamera: Jo Molitoris

Schnitt: Birgit Gasser

Musik: Ralf Wienrich

Soundtrack: Joan Armatrading („Drop the pilot“), J. Geils Band („Freeze Frame“)

Produktionsfirma: Aspekt Telefilm

Produktion: Wolfgang Esser

Drehbuch: Thomas Kirchner

Regie: Thomas Roth

Quote: 6,14 Mio. Zuschauer (18,3% MA); Wh.: 4,83 Mio. (16% MA)

EA: 28.03.2011 20:15 Uhr | ZDF

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