Was für ein gelungener Einstieg: Ein junger Polizist (Julian Hackenberg) mit Oberlippenbart (ja, er ist es!): Kluftinger, will sich einen gebrauchten Passat kaufen und begutachtet das Auto. Sie: „Wissens, wasch des Beste ist? Er ist sparsam.“ Er: „Sparsam, des isch guad“. Und beim Probesitzen im Wagen zieht er in all seiner Biederkeit sogar die schmutzigen Schuhe aus („Wenn i den kauf, soll er id glei dreckig werden“). Und just wird der Polizist Zeuge eines Raubes, macht sich in Socken auf die Verfolgungsjagd, stellt den Täter, lässt sich die Pistole abjagen, wird als Geisel genommen, der böse Bube entkommt samt Komplize und Beute. Kluftinger wird zum Gespott der Kollegen. 30 Jahre ist das her – und wir sind wieder in der Gegenwart: Jetzt wird die damals geraubte und mittlerweile wiedergefundene Reliquie des St. Magnus in Kluftingers Heimat ausgestellt. Wäre doch alles prima. Doch der Ermittler ist sauer, dass nicht er, sondern Kollege Maier (Johannes Allmayer) vom Kripo-Chef Lodenbacher (Mulzer) abgestellt wird, sich um den Schutz der Monstranz zu kümmern.
Dann setzt der Kommissar auch noch die Rede anlässlich der Verbeamtung von Kollegin Sandy (Spiering) in den Sand. Und schließlich ist da der Mord an einer alten Dame, der Rätsel aufgibt. Aber Kluftinger wäre nicht Kluftinger, wenn er nicht merken würde, dass der Mord mit der Monstranz und deren Sicherheit in Verbindung steht. Eine heiße Spur führt nach Wien. Dort sitzt der Mann (Fred Stillkrauth) in Haft, der Klufti vor 30 Jahren der Lächerlichkeit preisgegeben hat. Der gibt Hinweise auf einen zweiten geplanten Raub der kostbaren Reliquie.
Kluftingers Fällen ist gemeinsam, dass sie eine diebische Spannung haben und die Art, wie der Allgäuer Kommissar die Täter überführt und mit welchen Mitteln er sie dann dingfest macht, einzigartig ist. Auch „Schutzpatron“ erzählt eine intelligent gestrickte (Kriminal-)Geschichte. Der Film basiert auf dem (sechsten) Buch von Volker Klüpfel und Michael Kobr, und wurde für die Verfilmung von Florian Iwersen und Stefan Holtz frei bearbeitet. Die beiden haben bereits das Buch für die Kluftinger-Krimis „Erntedank“ und „Milchgeld“ geliefert, wissen also bestens mit der Figur und der Region, in der sie angesiedelt ist, umzugehen.
„Schutzpatron“ ist längst nicht so düster wie die vierte Episode „Herzblut“. Hier dominiert wieder der Humor über die Spannung, schlägt der Witz das Verbrechen. Und auch die Heimat, das Allgäu, spielt wieder eine dominierende Rolle. Wenn Klufti, weil man ihm sein altes Auto geklaut hat, mit dem Fahrrad durch Wald und Wiesen strampelt, sind das herrliche (Schmunzel-)Bilder. Der Verlust des Autos und der spätere Ersatz, ein rosa Kleinstwagen mit Herzchen drauf, wird zu einer der vielen köstlichen Nebenhandlungen. Die Krönung ist aber der ermittlungsbedingte Ausflug nach Wien. Wenn Kluftinger am Schalter mit Übergepäck steht und dann Sachen in den Koffer des Kollegen Maier umpackt, ist das eine Slapstick-Nummer par excellence. Dass die beiden dann an einen österreichischen Kollegen mit Messi-Eigenschaften geraten und eine Nacht im Doppelbett verbringen, ist umwerfend komisch.
Diese Szenen sind aber gut dosiert eingebaut, haben meist Bezug zur eigentlichen Story und sorgen so dafür, dass der Krimi kurzweilig und spannend zugleich ist. Regisseur Lars Montag, der auch für „Herzblut“ verantwortliche zeichnete, lässt den grummeligen Normalmenschen Kluftinger diesmal nicht in eine düstere Welt eintauchen, sondern inszeniert „Schutzpatron“ sehr leicht und locker als raffinierte Diebesgeschichte. „Ocean‘s Eleven“ im Allgäu. Montag führt seine Figuren stringent, zeigt viel Liebe für Details und – das passt zur Handlung und zur Landschaft – nimmt ein paar Anleihen beim Western. Und das nicht nur mit den Cowboystiefeln des Austria-Cops Bydlinski (herrlich wienerisch: Felix Römer). Mit Fred Stillkrauth als Meisterdieb Rösler hat Herbert Knaup als Kluftinger einen starken Gegenpart – die Szenen zwischen den beiden gehören zu den stärksten des Films.
Was macht diese Kluftinger-Krimis aus? Sie spielen in einer geschlossenen Welt (auch wenn es diesmal für einen Abstecher nach Wien geht), die Figuren sind bodenständig, wirken authentisch, was nicht unmaßgeblich an der Sprache liegt: kleine wie große Rollen werden konsequent im Allgäuer Dialekt gesprochen. Das macht die Sache nicht immer leicht verständlich, aber rund. Lars Montag führt bei aller Behäbigkeit, die den Figuren inne wohnt, diese nicht vor. Klufti ist spießig-schrullig, aber er wird nicht zum Trottel gestempelt, nur weil er so ist wie er ist. Seine mitunter atemberaubende Kombinatorik macht ihn zu einem starken Charakter. Nur Kollege Maier ist eher eine Karikatur: Der dienstbeflissene, ehrgeizige, aber sich selbst überschätzende Ermittler hat den Part des „Deppen vom Dienst“ inne, der am Ende entweder dumm dasteht oder in Gefahr gerät. Schlau ist Kluftinger! Und das mit dem gestohlenen Auto, nun ja, wer die Krimis kennt, weiß, dass sich am Ende alles fügt…