Sauerkrautkoma. Ein Eberhoferkrimi

Bezzel, Schwarz, Potthoff, Stefan Betz, Ed Herzog. Deftiger Bayern-Spaß mit Leiche

Foto: Degeto / BR / Bernd Schuller
Foto Tilmann P. Gangloff

Alle Jahre wieder erfreuen sich im Sommer überraschend viele Kinobesucher am neuen „Eberhoferkrimi“, obwohl sich Aufwand, Anmutung und Inhalt kaum von vergleichbaren TV-Komödien unterscheiden. Ziemlich genau ein Jahr später bilden die Filme regelmäßig einen Höhepunkt der Reihe „Sommerkino im Ersten“. Auch „Sauerkrautkoma“ (Constantin), der fünfte Film der Reihe, wird der ARD garantiert einen Quotenerfolg bescheren, weil sich die stets von Ed Herzog inszenierten Provinzkrimis zuverlässig am bewährten Muster orientieren: Die Morde sind bloß Mittel zum Zweck, um witzige Geschichten über liebenswert-skurrile Figuren zu erzählen. Tatsächlich bildet der jeweilige Kriminalfall quasi den einzigen Unterschied zwischen den von Martin Probst stets mit launiger Blasmusik unterlegen Geschichten. Durchgehendes Qualitätsmerkmal ist auch die sorgfältige Bildgestaltung.

Die Provinzkrimis mit Sebastian Bezzel als schluffigem niederbayerischen Dorfpolizisten Eberhofer sind ein Erfolgsphänomen: Aufwand, Anmutung und Inhalt unterscheiden sich kaum von vergleichbaren TV-Komödien. Trotzdem hatte „Sauerkrautkoma“, der fünfte Film der Reihe, über eine Million Kinobesucher; und das, obwohl sich bei der Adaption der Romane von Rita Falk längst eine gewisse Routine eingeschlichen hat. Die Verfilmungen funktionieren nicht zuletzt dank ihrer Kontinuität vor und hinter der Kamera nach dem „Alle Jahre wieder“-Prinzip: Regie führt stets Ed Herzog, Stefan Betz hat zum dritten Mal in Folge das Drehbuch geschrieben, und anders als bei Fernsehreihen, in denen Darsteller auch schon mal stillschweigend wechseln, sind alle Mitwirkenden der Reihe treu geblieben.

Natürlich gilt das auch für die Figuren, weshalb Oma Eberhofer (Enzi Fuchs) ihren Enkel ein ums andere Mal überreden will, endlich seine Susi (Lisa Maria Potthoff) zu heiraten. Franz findet die Vorstellung jedoch eher abschreckend, zumal er eine zwar platonische, ansonsten aber eheähnliche Beziehung mit seinem früheren Kollegen und heutigem Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) führt. Auch sonst ist in „Sauerkrautkoma“ alles wie gehabt: Vater Eberhofer (Eisi Gulp) kifft fröhlich vor sich hin, schimpft auf die Staatsmacht und findet auch sonst allerlei Anlässe für herzhafte Flüche; Franz’ Freunde Simmerl und Flötzinger (Stephan Zinner, Daniel Christensen) lassen sich betrunken zu haarsträubendem Unfug hinreißen; und irgendwann kommt auch der einzige Niederkaltenkirchener Kreisverkehr zur Geltung. Den einzigen Unterschied zwischen den Geschichten, die Martin Probst mit launiger Blasmusik inklusive moderater Italo-Western-Elemente unterlegt, bilden im Grunde der jeweilige Krimi-Fall sowie das Auf und Ab zwischen Eberhofer und Susi. Ein durchgehendes Qualitätsmerkmal ist auch die sorgfältige Bildgestaltung (Sebastian Edschmid).

„Routinierte Krimikomödie, die zwar Klischees weitgehend vermeidet, es aber auch nicht zu hintergründigem Charme bringt. Spielfreudig und komisch präsentiert sich erneut das hervorragende Ensemble.“ (Film-Dienst)

„Eberhofer läuft in München ständig gegen Klischees an. Weil dadurch aber die Melancholie fehlt und der Grant triumphiert, ergibt das die Art von Szenen, in denen der oberbayerische Cowboy wie ein sehr deutscher Figurentypus rüberkommt, den Til Schweiger gern spielt. Ein kerniger Kerl, der nicht rumlabert, keine Gefühle zeigt und trockene Sprüche knurrt, gern auf Kosten eines ‚weibischen‘ Partners. Hier erfüllt die Funktion des Prügelknaben der „Fleischi“, ein Nebenbuhler um Eberhofers Freundin Susi.“ (Süddeutsche Zeitung)

Sauerkrautkoma. Ein EberhoferkrimiFoto: Degeto / BR / Bernd Schuller
Jo, mei, wo kimmt die Frauenleiche her? Simon Schwarz, Enzi Fuchs, Gerhard Wittmann, Sebastian Bezzel und Eisi Gulp

„Sauerkrautkoma“ beginnt mit einem erfolgreichen Komplott. Eberhofers Vorgesetzter (Sigi Zimmerschied) und der Bürgermeister (Thomas Kügel) sorgen dafür, dass der Dorfpolizist nach München versetzt wird; dort landet er ausgerechnet in der Abteilung von Elisabeth „Thin Lizzy“ Mayerhofer (Nora Waldstätten), die zuletzt in „Grießnockerlaffäre“ noch wegen Mordverdachts gegen ihn ermittelt hat. Allerdings findet er umgehend einen Grund, doch wieder in seiner Heimat im Kreis Landshut ermitteln zu dürfen: Während des Umzugs ist Vaters Opel Admiral geklaut worden. Das Auto taucht zwar in einem Wald nahe Niederkaltenkirchen wieder auf, aber im Kofferraum liegt eine Leiche. Es handelt sich um das serbische Au-pair-Mädchen aus dem Haushalt des Bürgermeisters, und als sich herausstellt, dass die junge Frau schwanger war, ist der Fall für Eberhofer klar.

Im Vergleich zu den raffinierten Drehbüchern selbst mancher Serien ist die kriminalistische Ebene des Films fast schon dramatisch dünn, aber die Bezeichnung „Krimikomödie“ wäre ohnehin schon irreführend; letztlich ist jeder Fall bloß ein Vorwand, um mithilfe der liebenswert skurrilen Figuren möglichst viele witzige Szenen erzählen zu können. Mindestens ebensoviel Gewicht wie die Mördersuche hat diesmal Eberhofers Furcht, seine Susi zu verlieren. Die Freundin hat ihm mit ihrem Kinderwunsch zwar einen gehörigen Schrecken versetzt, aber dass sie sich beim Schuljubiläum dem einst wegen seiner Korpulenz „Fleischi“ genannten früheren Mitschüler Fleischmann (Gedeon Burkhard), heute rank und schlank und im Silicon Valley zu Geld gekommen, an den Hals wirft, gefällt ihm auch nicht. Obwohl er seinen Heiratsantrag im Rathaus wie einen Verwaltungsakt vorgetragen hat, wird schließlich doch noch die Hochzeit vorbereitet; aber natürlich kommt am Ende alles völlig anders.

Viel schöner als diese nur theoretisch romantische Ebene sind die Szenen mit Bezzel und Schwarz. Rudi lässt den Freund nach der Versetzung großzügig bei sich in München wohnen, wo sie fortan gemeinsam „mit Liebe gekochte“ Ravioli futtern, bis Eberhofer den Dosenfraß satt hat und einen großen Topf Sauerkraut kocht. Den anschließenden lautstarken Verdauungsvorgängen verdankt der Film nicht nur seinen Titel, sondern auch einige reichlich deftige Momente. Dass sich Rudi am Schluss in den Fuß schießt, ist ebenfalls nicht untypisch für den Humor der Reihe. Eine besondere Würdigung wert ist allerdings die Arbeit von Szenenbildnerin Anette Ingerl: Rudis Bleibe entspricht perfekt den bürgerlichen Behaglichkeitsvorstellungen der Siebzigerjahre, und die protzige Villa des Bürgermeisters ist eine Ansammlung von geschmacklosem Neureichkitsch. (Text-Stand: 17.7.2019)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Eisi Gulp, Enzi Fuchs, Sigi Zimmerschied, Stephan Zinner, Daniel Christensen, Nora Waldstätten, Thomas Kügel, Gedeon Burkhard, Gerhard Wittmann, Max Schmidt

Kamera: Sebastian Edschmid

Szenenbild: Anette Ingerl

Kostüm: Mo Vorwerck

Schnitt: Stefan Essl

Musik: Martin Probst

Produktionsfirma: Constantin Film

Produktion: Kerstin Schmidbauer

Drehbuch: Stefan Betz, Ed Herzog – Vorlage: Rita Falk

Regie: Ed Herzog

Quote: 5,17 Mio. Zuschauer (18,3% MA); Wh. (2020): 4,68 Mio. (14,7% MA)

EA: 19.08.2019 20:15 Uhr | ARD

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