Rotkäppchen

Amona Aßmann, Edgar Selge, Sibylle Tafel. Weibliche Power und männliche Gier

Foto: HR / Felix Holland
Foto Rainer Tittelbach

„Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“ Rotkäppchen jedenfalls nicht. „Keine Angst, ich tu dir nichts!“, sagt es zum fleischgeilen Wolf und geht freudestrahlend ihres Weges. Damit verfährt es nach dem Rat moderner Psychologen. Die Großmutter ist eine schrille Powerfrau, eine Erfinderin, die das Popcorn entdeckt. Und Rotkäppchens Mutter ist alleinerziehend und entwickelt ein gesundes Selbstvertrauen gegenüber denen, die glauben, etwas Besseres zu sein. „Vorbildliches“ Märchen, stimmungsvoll inszeniert & mit einem brillanten Selge.

„Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“, singen die Kinder und die Erwachsenen sind beunruhigt. Dennoch lässt die Mutter, weil sie das Kleid der hochnäsigen Frau des Bürgermeisters nähen muss, ihr Rotkäppchen allein zur kranken Großmutter gehen. Die verschrobene, eigenwillige Frau wohnt tief im Wald. Als der aus dem Rudel verstoßene Wolf das „Frischfleisch“ wittert, begegnet ihm das unbeschwerte Mädchen überraschend selbstbewusst, zeigt keine Furcht und gibt dem verdutzten Wolf die Hand. „Keine Angst, ich tu dir nichts!“, sagt es strahlend und geht ihres Weges. Der Wolf wie ein geprügelter Hund muss sich etwas ausdenken, um das Kind zu überrumpeln. Also nichts wie hin zur Großmutter, die Zähne gefletscht, um sich die alte Frau einzuverleiben. Danach hofft er auf das zarte Fleisch von Rotkäppchen.

RotkäppchenFoto: HR / Felix Holland
Erst nach der böse Wolf (Edgar Selge) die Witterung auf. Leckeres Menschenfleisch. Und dann ist er irritiert. „Keine Angst, ich tu’ dir nichts!“, sagt Rotkäppchen (Amona Aßmann) zu ihm.

Ein bisschen Frauenpower haben die Autoren Thomas Brinx und Anja Koemmerling dem Grimmschen Märchen-Klassiker verabreicht. Das gutherzige Rotkäppchen handelt nicht naiv vertrauensselig, sondern es scheint die Erkenntnis moderner Psychologen verinnerlicht zu haben, „wer Angst hat, zieht die Gefahr an“, und gibt sich furchtlos. Die Großmutter ist eine schrille Persönlichkeit, eine Erfinderin, eine emanzipierte Alte, die sich nicht von der Gesellschaft verbiegen lässt: „Gewöhnlich sein kann jeder“ lautet ihr Wahlspruch, den Rotkäppchen gut gelaunt von ihr übernimmt. Auch seine Mutter, die alleinerziehend ist und sich als Näherin den Lebensunterhalt verdient, buckelt zunehmend weniger vor der unverschämten „Frau Bürgermeisterin“. Ein im wahrsten Sinne des Wortes „vorbildliches“ Märchen also, das Sibylle Tafel stimmungsvoll und flüssig zu einem kurzweiligen, gut szenisch montierten Sechzigminüter verfilmt hat. Zur geglückten Variation des Bekannten trägt auch Edgar Selge als böser Wolf bei. Der Charakterkopf deutet in seinem Spiel ein gieriges männliches Wesen an, das den Tod bringt und schließlich selbst dran glauben muss. In der Schlusssequenz siegt die Reinheit – und die Überlieferung: Der Wolf liegt mit Zipfelmütze und Riesenbrillengestell in Großmutters Bettchen, die buschigen Pfoten auf der Bettdecke und Rotkäppchen kann die berühmten Sätze eines der bekanntesten deutschen Märchens sagen.

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Reihe

HR

Mit Amona Aßmann, Edgar Selge, Marie Gruber, Zora Thiessen, Felix Klare, Chiron Krase, Nina Vorbrodt

Kamera: Armin Alker

Szenenbild: Otto Kinzer

Schnitt: Anja Feikes

Produktionsfirma: Kinderfilm

Drehbuch: Thomas Brinx, Anja Kömmerling

Regie: Sibylle Tafel

Quote: 2,52 Mio. Zuschauer (17,7% MA)

EA: 25.12.2012 15:40 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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