„Ungezügelt ins Glück“, der Titel dieser flüchtig auf einer Kurzgeschichte von Rosamunde Pilcher basierenden Liebesgeschichte, legt zweierlei Erwartungen nahe: Es müsste recht leidenschaftlich zugehen, und Pferde könnten eine gewisse Rolle zu spielen. So richtig stimmt zwar nur der zweite Teil der Vermutung, aber er liefert die Basis dieser für Freundinnen des Genres durchaus empfehlenswerten Romanze. Außerdem fädelt das Drehbuch von Martin Wilke und Silke Morgenroth die Geschichte auf sympathische Weise ein; selbst wenn die Idee, aus einer Scheinehe tatsächlich Liebe werden zu lassen, alles andere als originell ist. Zum entsprechenden Handlungsschema gehört selbstredend auch die Überprüfung durch einen strengen Herrn von der Ausländerbehörde. Das gab’s nicht nur schon im Vorbild all dieser Filme, „Greencard“ (1990); das ZDF hat zwei Jahre nach der Erstausstrahlung von „Ungezügelt ins Glück“ in der Katie Fforde-Verfilmung „Eine Liebe in New York“ (2014) das gleiche Muster noch mal verwendet, wenn auch mit veränderten Vorzeichen.
Bei Katie Fforde braucht ein Mann die unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, hier ist es eine Frau: Die in England lebende Amerikanerin Gillian Morris (Lara Jay Körner) hat einem unsympathischen Konkurrenten die Beförderung vor der Nase weggeschnappt. Der intrigante Kollege hetzt ihr daraufhin die Ausländerbehörde auf den Hals. Nun sucht Gillian einen Briten, der sich auf eine Scheinehe einlässt. Da kommt ihr der verzweifelte Bankkunde Dylan Brooks (Ole Eisfeld) gerade recht. Der Mann ist zwar ein waschechter Lord, aber weil das Herz seiner Mutter (Diana Körner) viel größer ist als ihr Bankkonto, steht die Familie vor der Pleite: Lady Ava hat aus dem Besitz ein Pferdeasyl gemacht. Dylan bekommt den nötigen Kredit, Gillian dank einer flotten Hochzeit in Gretna Green ihre „Greencard“. Die Überprüfung durch den Einwanderungsbeamten übersteht das Paar auch, zumal es die Verliebtheit gar nicht mehr spielen muss. Aber dann findet der Kollege die Sache mit dem Deal heraus, Gillian verliert ihren Job, und prompt steht auch die Behörde wieder vor der Tür.
Das Drehbuch zu „Ungezügelt ins Glück“ reichert die nicht gerade unvorhersehbare Story mit einigen Nebenfiguren an, die der Handlung die nötige Komplexität verleihen. Neben den Pferden hat Lady Ava auch Dylans Jugendfreundin Betsy (Sarto) bei sich aufgenommen, die ihr nun den Haushalt führt. Ava hat Betsy immer schon als Frau an der Seite ihres Sohnes gesehen und begegnet Gillian daher mit entsprechenden Vorbehalten. Betsy wiederum fühlt sich zu Fin (Christian Kahrmann) hingezogen. Avas Faktotum kann nicht nur gut mit Pferden umgehen, sondern auch mit Jugendlichen: Betsys Sohn Matt (Brunz) ist ein von der Schule geflogener Taugenichts, dem Fin mit liebevoller Strenge auf den rechten Weg zurückhilft.
Die Darsteller sind bis in die Nebenrollen hinein gut besetzt; das ist beim ZDF-Sonntagsfilm nicht immer so. Lara Jay Körner und Ole Eisfeld sind ein glaubwürdiges Paar, dem man gern dabei zuschaut, wie es sich näher kommt. Diana Körner muss allerdings gerade zu Beginn einige mimisch allzu deutliche Ausrufezeichen setzen (Regie: Thomas Hezel). Misslungen sind auch zwei Szenen, in denen der Film für Pilcher-Verhältnisse fast schon Action zeigt: Als Körner junior und Eisfeld während eines Ausritts in Nahaufnahme Reiten simulieren sollen, sieht das ein bisschen lächerlich aus, und auch ein Sturz Diana Körners, der der Handlung gegen Ende zusätzliche Dramatik verleiht, wirkt wenig überzeugend. Die Musik und die unmotivierten Luftaufnahmen gehören dagegen zum üblichen Pilcher-Repertoire. Umso interessanter das Licht (Kamera: Marc Prill). Der goldgelbe Schein der Morgensonne, der den Landsitz von Familie Brooks zu allen Tageszeiten mit der gleichen gleißenden Helligkeit übergießt wie Gillians Büro, erinnert zwar an eine frühere Margarinewerbung, verbreitet aber auch große Heimeligkeit; und darum geht es ja im „Herzkino“. (Text-Stand: 10.8.2015)