Rosamunde Pilcher – Ex & Liebe

Vester, Barton, Bach, Bartmann. Auch handwerklich nicht auf der Höhe der Zeit

Foto: ZDF / Jon Ailes
Foto Tilmann P. Gangloff

Das sogenannte Herzkino im „Zweiten“ hat ohnehin nur selten innovative Ansätze zu bieten, aber die Pilcher-Verfilmung „Ex & Liebe“ ist selbst innerhalb der seichten Reihe bloß zweite Wahl. Dabei hat die doppelte Liebesgeschichte nette Ansätze: Ein Hotelier ist auf einen Anlagebetrüger reingefallen und will den Betrug nun mit Hilfe seiner Ex-Frau aufdecken. Derweil trauert der Sohn des Paares seiner großen Liebe nach, die sich ausgerechnet dem verbrecherischen Fondsmanager an den Hals geworfen hat. Die romantische Komödie ist jedoch weder romantisch noch komisch, die Umsetzung ist schlicht nicht zeitgemäß.

„Ex & Liebe“ sieht aus, als sei der Film mindestens zehn Jahre alt. Auf diese Weise gelingt dem ZDF immerhin ein sanfter Übergang von den Wiederholungen der Sommerpause zu den Erstausstrahlungen. Die Handlung ist an Harmlosigkeit kaum zu überbieten, aber das gilt ja für die meisten Sonntagsfilme des ZDF. Dabei gäbe es Ansätze für nachdenkliche Momente: Vor einigen Jahren ist die Ehe von Hotelbesitzer Don Brown (Baron) & Gattin Theresa (Saskia Vester) am Unfalltod der erwachsenen Tochter zerbrochen. Don hat sich mit Zimmermädchen Melissa (Conze) getröstet, die mittlerweile auch die Frau an seiner Seite ist. Theresa wiederum konnte sich dank offenbar großzügiger Unterhaltszahlungen ein Traumhaus an der Küste zulegen. Als Don vor der Pleite steht, weil er sein gesamtes Vermögen in einen geplatzten Fonds investiert hat, und ihn ein böser Banker sogar aus seinem Haus vertreibt, kehrt er reumütig zu Theresa zurück; Melissa hat das sinkende Schiff umgehend verlassen. Die Ex-Frau steht allerdings mittlerweile auf eigenen Beinen, hat einen Uni-Abschluss gemacht und ist recht angetan von den Flirtversuchen ihres Profs. Trotzdem ist sie bereit, Don dabei zu unterstützen, dem betrügerischen Fondsmanager (Grandezka) das Handwerk zu legen.

Die sich anbahnende Wiedervereinigung des geschiedenen Ehepaars ist jedoch nur eine von zwei Romanzen. Die andere ist in gewisser Weise ein Spiegelbild: Sohn Bruno (Wünsche) hat sich den Wünschen des Vaters widersetzt und eine Werkstatt für Oldtimer aufgemacht. Als irgendwann das hübsche Cabrio der noch hübscheren Sophie (Bach) seinen Gast aufgegeben hat, ist gleiches mit Bruno geschehen. Doch Sophie hat die Romanze bald wieder beendet: Ein Leben an der Seite eines Autoschraubers war ihr zu wenig, sie strebt nach mehr, vor allem nach mehr Geld, und da man ihren offenbar vermögenden Verlobten zunächst nur akustisch wahrnimmt, ist es keine Überraschung, dass die drei Browns denselben Gegner haben.

Als Geschichte (Buch: Martin Wilke, Jochen S. Franken) ist das gar nicht schlecht; mit mehr Tempo und ansprechenderen darstellerischen Leistungen hätte aus „Ex & Liebe“ eine kurzweilige romantische Komödie werden können. Dass der Film weder romantisch noch komisch ist und selbst das häufig sehr seichte Niveau des Sendeplatzes noch unterschreitet, hat vor allem mit der altbackenen Umsetzung zu tun. Regisseur Stefan Bartmann ist der Marke Pilcher seit fast zwanzig Jahren verbunden und sorgt gemeinsam mit seinem bevorzugten Kameramann Marc Prill für eine auf fast schon ärgerliche Weise klischeehafte Bildgestaltung. Die originellste Einstellung ist ein Sonnenaufgang im Zeitraffer. Fast jeder Szenenwechsel beginnt mit einer Luftaufnahme des neuen Handlungsorts, und wenn diese Bilder besonders adrett sind, spendiert die Musik (Andreas Weidinger) zur Belohnung einen Tusch. Die Handlung ist mitunter bis hin zu den Dialogen, die jeder Raffinesse entbehren, äußerst  vorhersehbar. Witzigste Idee ist noch die Einführung eines weiteres Betrugsopfers: Eleonore (Trantow) ist die Witwe eines früheren MI6-Mitarbeiters und hat die Idee, den Betrüger abzuhören, um so an die Beweise für seine Machenschaften heranzukommen. Die Wanze deponieren Don und seine Gang in einer Schatulle mit einem sündhaft teuren Ring für Sophie, nicht ahnend, dass der Gauner sogar die eigene Verlobte übers Ohr hauen will.

Abgesehen von wenigen Szenen wie dieser haben die Schauspieler kaum Gelegenheit, sich zu profilieren. Einzig Jenny Bach, eine der unzähligen Mitwirkenden aus der täglichen RTL-Serie „Alles was zählt“, setzt in ihrer ersten Fernsehfilmrolle attraktive Akzente. Selbst dankbare Vorlagen bleiben ungenutzt. Einmal hält Don seiner Ex-Frau vor, er wisse genau, was sich in ihrer Handtasche befinde, um ihr auf diese Weise klar zu machen, wie berechnend sie sei. Von den Kondomen ahnt er allerdings nichts, aber Bartmann lässt den Gag verpuffen. Die Szenen, in denen der Regisseur lakonisch erzählt, lassen sich an einem Finger aufzählen: als Don Theresa um ein Obdach bittet, sie „Vergiss es!“ sagt und nach dem Schnitt das Sofa bezieht.

Regelrecht peinlich ist die Tatsache, dass gerade die älteren Darsteller immer wieder übers englische „th“ stolpern. Wenn das ZDF schon Briten durch Deutsche verkörpern lässt, die der Landessprache offenbar nur bedingt mächtig sind, sollte man den Schurken der Geschichte nicht ausgerechnet Smith nennen. Darüber hinaus hätten es Buch und Regie den Darstellern gern ersparen können, mit Fotos zu reden und Grabsteine küssen. Welcher Art der Zeitgeist ist, unter dessen Einfluss „Ex & Liebe“ entstanden ist, zeigt eine Golfszene: Als der miese Banker, der Don dazu überredet hat, sein Hotel zu verpfänden, weil er selbstredend mit dem Fondsmanager unter einer Decke steckt, seinen Golfball verschlägt, entfährt ihm „Grundgütiger!“ Derart altmodisch ist der gesamte Film. (Text-Stand: 12.9.2016)

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Reihe

ZDF

Mit Saskia Vester, Günter Barton, Jenny Bach, Florian Wünsche, Cordula Trantow, Wolfram Grandezka, Rouven Israel, Anastasia Conze

Kamera: Marc Prill

Szenenbild: Keith Dunne

Kostüm: Anette Schröder

Schnitt: Usch Born

Musik: Andreas Weidinger

Produktionsfirma: FFP New Media

Drehbuch: Martin Wilke, Jochen S. Franken – Vorlage: Rosamunde Pilcher, „The White Oven“ (Kurzgeschichte)

Regie: Stefan Bartmann

Quote: 4,66 Mio. Zuschauer (14,4% MA)

EA: 02.10.2016 20:15 Uhr | ZDF

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