Der Fund ist von seltener Grausigkeit: Bei der Sanierung eines lange leerstehenden Hauses werden vier Leichen entdeckt; drei von ihnen sind Kinder. Die Wand war luftdicht versiegelt, deshalb sind die Toten mumifiziert. Die Kinder sind wie nach einer Chemotherapie komplett unbehaart. Tatsächlich stellt sich heraus: Alle drei hatten Knochenkrebs. Gestorben sind sie jedoch an einem Versagen der inneren Organe. Die vierte Leiche ist eine Frau, eine Krankenschwester. Die Toten sind die Geister eines Misserfolgs, wie Rosa Roth alsbald herausfindet: Vor einigen Jahren hatte ein Forscher Aufsehen mit einem vermeintlichen Wundermittel gegen Krebs erregt, das jedoch nie zugelassen wurde. Die Kinder sind offenbar Opfer eines illegalen Medikamentenversuchs geworden: Die Türen des Hauses waren zwar zugemauert, aber aus dem Nachbarhaus wurde die Außenmauer durchbrochen. Doch bevor die Berliner Hauptkommissarin den Mediziner zur Rede stellen kann, wird er tot aufgefunden. In seinem Hals steckt eine Spritze mit der Überdosis eines Beruhigungsmittels.
„Rosa Roth“-Krimis sind selten spektakulär, aber immer ungewöhnlich; und vor allem intensiv. Dieser jedoch reduziert seine Geschichte noch konsequenter als sonst auf die Kriminalistik: Es gibt wenig Handlung, dafür aber viele Gespräche. Trotzdem gelingt Iris Berbens Lieblingsregisseur Carlo Rola ein hochkonzentrierter Film, der sich stärker noch als sonst ganz auf seine Titelfigur konzentriert; und das, obwohl Berben mit Suzanne von Borsody einen namhaften Gegenpart hat. Sie spielt ebenfalls eine Forscherin, die zum Entsetzen ihres Mannes (Volker Lechtenbrink) tiefer in der Sache steckt, als ihrer Karriere gut tut: Kerstin Sander ist gerade dabei, den Posten als Bundesbeauftragte für die Krebsforschung zu übernehmen. Wie von Borsody diese Figur, die zu Beginn das Bundesverdienstkreuz erhält und ihren Zenit genießt, nach und nach demontiert, steht der Leistung Berbens in nichts nach.
Das Buch zu „In guten Händen“ stammt vom Schotten Nick Schofield, der damit die Vorlagen zu drei der letzten vier „Rosa Roth“-Krimis lieferte. Dass der brisante Stoff moralisches Entsetzen weckt, ist dabei das kleinere Verdienst; gerade wegen der jungen Opfer, deren Eltern falsche Hoffnungen gemacht wurden, gibt’s die Empörung gewissermaßen gratis. Eindrucksvoller ist Rolas Leistung, die Spannung trotz der dauernden Dialoge ununterbrochen auf derart hohem Niveau zu halten. Das wiederum liegt nicht zuletzt an der Düsternis der Geschichte: Der tote Forscher ist nicht das letzte Opfer eines Drahtziehers, der offenbar bereit ist, sämtliche Zeugen des illegalen Versuchs zu beseitigen. Und dann sind da natürlich noch die toten Kinder, die seltsamerweise nie vermisst worden sind; ihr Schicksal steht ebenso im Zentrum des Films wie die ethische Frage, welchen moralischen Grenzen sich auch die ehrgeizigste wissenschaftliche Forschung unterwerfen muss. (Text-Stand: 2006)