Ihren Vater kannte sie nur aus dem Kino. Ihre Mutter und deren zweiter Mann wollten aus ihr die ewige Sissi machen. Alain Delon war der Erste, den sie auserkoren hatte, um sie von ihrem „süßen Mädel“-Image zu befreien. Boulevard-Autor und Schauspieler Harry Meyen stellte sich als Nächster zur Verfügung, doch er brachte sie nur kurze Zeit zum Lachen. Die Enttäuschung war groß, dass auch er ihr nicht das (Familien-)Glück geben konnte, das sie sich so sehr erträumte. Ihrer überbordenden Emotionalität nicht gewachsen war auch ihr letzter männlicher Begleiter. Halt suchte sie immer mehr bei ihrem Sohn. Als dieser bei einem tragischen Unfall ums Leben kam, erlosch offenbar ihr Lebensmut endgültig.
Eine Schauspieler-Legende in 105 Filmminuten. Wenn man „Romy“ sieht, wundert man sich, weshalb es nicht schon Jahre zuvor gelungen ist, diese tragische Biographie, die wie geschaffen ist für ein Biopic-Drama, auf Bildschirm oder Leinwand zu bringen. Ein Leben, von der Sehnsucht getrieben, um in der Sucht zu versinken. Selbstinszenierungswille als die Folge eines öffentlichen Lebens. Eine schöne Frau, eine kranke Seele, eine gespaltene Persönlichkeit. Ein gefundenes Fressen für jeden Drehbuchautor und Hobbypsychologen.
Und doch birgt auch „Romy“ eine Gefahr, wie jede auf Film gebannte Biographie einer real existierenden Persönlichkeit, die man von A-Z erzählen will. Es ist die Gefahr, Stationen abzuhaken und dabei entweder das Essenzielle eines Lebens aus den Augen zu verlieren oder ein Leben künstlich auf eine solche Essenz zu reduzieren. Biopics sind Gratwanderungen. Der erste Eindruck: „Romy“ ist gelungen. Jessica Schwarz überzeugt vor allem als späte, gebrochene Romy Schneider. Es ist die Zeit, in der die (Brillen-)Gläser größer werden. Der zweite Eindruck: Buch und Regie konzentrieren sich auf jeweils einen Part ihres Lebens.
Das Leben eines Menschen ist ein Fluss. Erst an seinem Ende bündelt es sich zu einem sinnvollen Ganzen. Autor Benedikt Röskau war bei der ARD-Produktion (Trailer) für diese Interpretationsarbeit zuständig. „Romy war zerrissen zwischen ihrem Drang nach Freiheit und ihrer Sehnsucht nach Heimat“, betont Röskau. „Sie war ein Sonntagskind, das mit Talent, Schönheit, Wohlstand und einer – scheinbar – heilen Kindheit gesegnet war. Doch all diese Vorzüge wurden ihr zu einer untragbaren Last.“ Röskau bekam die (unmögliche) Aufgabe, den Menschen Romy Schneider hinter dem Mythos aufzuspüren.
Regisseur Torsten C. Fischer sorgte dagegen für den sinnlichen Rhythmus eines 43-jährigen Lebens und er gab der festgeschriebenen Biographie etwas Flirrendes. Das Leben der Schauspielerin, die von den Deutschen verfolgt und den Franzosen geliebt wurde, als eine Art Bilderbogen zu präsentieren, der die Schneider-Ikonografie an die Mode und den Stil der jeweiligen Zeit bindet, ist ein gelungener Kunstgriff. Auch wenn im Einzelfall etwas viel mit den Super-8-Filmmaterial gespielt wird, so ist der Weg, das Leben und Scheitern von Romy Schneider in der Welt der Medien, der Bilder und der Filme, der Oberflächenreize und der Öffentlichkeit zu verorten, konsequent. Es ist das Schneider-spezifische Pendant zu einem Privatleben voller Angst, Selbstzweifel und tiefer Depression.
„Romy“ nimmt einen mit auf eine Zeitreise, auf den Lebens- und Leidensweg einer Legende, die sich nicht entziffern lassen wollte und die in ihren Rollen, das eigene Leben gnadenlos widerspiegelte. Diese Zeitreise gelingt besser als bei den beiden anderen deutschen Ikonen: Hildegard Knef und Marlene Dietrich. Auch, weil der Film offen ist für den zweiten Blick.