Im wilden Osten heulen die Wölfe. Dann liegt einer tot in der Steppe. Lenski und Krause müssen in dem gottverlassenen brandenburgischen Örtchen Kaskow ermitteln – obwohl die Tötung eines Wolfes nicht in die Zuständigkeit der Mordkommission fällt. Doch fast zeitgleich wird eine junge Frau in einem Bauwagen beschossen und verletzt; und tags darauf liegt der Dorfveterinär erschlagen in der Pampa. Hat er im Auftrag der Schlossherrin von Taupitz den Wolf erschossen? Und hat er weiter gewildert für seine Arbeitgeberin, die wegen der Wölfe um ihre Jagdpacht fürchten muss? Der öffentliche Wolfsbeobachter Stefan Waldner, der sich als Opfer einer Dorfverschwörung sieht, hätte einen Grund gehabt, diesen Mann aufzuhalten – aber zum Mörder werden wegen eines Wolfes? Aber auch der Schwager des Toten verhält sich seltsam; offenbar hat er noch eine Leiche aus DDR-Tagen im Keller. Ausgerechnet seine Tochter ist verknallt in den Wolfsfreund. Auch der Sohn des Toten benimmt sich verdächtig. In dieser aufgeladenen Spätsommerstimmung muss Lenski einen klaren Kopf bewahren.
Foto: RBB / Oliver Feist
Zum fünften Mal gibt Maria Simon Olga Lenski. Die Potsdamer Kommissarin schleicht in „Wolfsland“ fast so wie ein einsamer Wolf einzelgängerisch durch die brandenburgische Prärie. Ihr Baby weilt mit Papa und Oma an der Ostsee und Krause macht wie immer sein eigenes Ding. Einsamkeit bis hin zur Entfremdung ist ohnehin das Thema dieses stimmungsvollen RBB-„Polizeirufs 110“ von Ed Herzog. Das menschliche Treiben und das der Wölfe werden immer wieder miteinander kontrastiert und in Bildern atmosphärisch gegeneinander geschnitten. Da ist das Rudel, die soziale Gemeinschaft, da der Ausgestoßene, der, der weg muss. Gleichzeitig wird aber auch das Sozialverhalten der Wölfe als „menschlicher“ als das der Kaskower Bewohner dargestellt. Unverfroren lügen sich die Menschen ins Gesicht; Liebe wird nicht erwidert; keine Beziehung hält. Mit diesen Wölfen mag Lenski nicht heulen. Sie kommt aus einer anderen, wärmeren Welt, marschiert wie ein Sheriff durch Feindesland. Sie ist eine gute Beobachterin. Das muss sie sein bei so viel Lug und Trug. Sie hat Intuition. Die Fakten zum Fall, die ermittelt Hilfssheriff Krause zuverlässig„Wolfsland“ ist ein unaufgeregter „Polizeiruf 110“. Wie zuletzt Bernd Böhlich bei „Vor aller Augen“ arbeiten Autor Rainer Butt und Regisseur Herzog (auch Buch) mit dem reichen Metaphernschatz des Western. Ein Mann, ein Lagerfeuer, das Heulen der Wölfe, Schüsse in der Nacht. Die Tagbilder strahlen im Look des Genres, mal in warmem Goldgelb, mal kühl und blaustichig, allein die hochherrschaftliche Ranch erweist sich als Kleinbürgerdomizil und das gräfliche Anwesen als abgewanzter Sarkophag. Für diese Gegend hat Lenski nicht nur das passende Outfit, sondern findet auch das richtige Tempo. Und sie ist eine Frau, die kein Wort zu viel sagt, ohne dabei eine coole Schweigerin zu sein. Diese Rolle fällt dagegen dem Wolfsbeobachter zu, den Fabian Hinrichs faszinierend undurchschaubar spielt – eine mythisch angehauchte Figur: der mit dem Wolf weiter zieht. (Text-Stand: 7.11.2013)