„Er war ein guter Mensch und ein toller Arzt“, schwärmt die Sprechstundenhilfe Marion Menge von Dr. Thomas Kugler. Sie war es, die den Allgemeinmediziner, der auch nicht versicherte, mittellose Patienten in seiner Praxis behandelte, tot aufgefunden hatte. Die unter Depressionen leidende Frau verheimlicht unter dem Druck ihres Mannes der Polizei einiges. So erzählt sie nichts von Leonid, dem illegalen Russen, den sie am Tag des Mordes wegschickte und den sie später vom Tatort flüchten sah. Auch erzählt sie nichts von seiner toten ukrainischen Freundin Ira. Nach und nach kommen Schmücke und Schneider hinter die Machenschaften des Mannes der Sprechstundenhilfe. Doch weshalb musste Kugler sterben? Handelt es sich tatsächlich um einen Raubmord? Medikamente und Blanco-Rezepte gegen ein Menschenleben? Oder stand der Arzt dem Glück und den Geschäftsideen anderer im Weg?
Die zwei Kommissare vom alten Schlag erfinden auch in ihrem 42. „Polizeiruf“-Einsatz das Genre nicht neu, doch ganz so schwach wie viele Fälle der vergangenen Jahre kommt „Schatten“ nicht daher. Es ist ein unaufgeregter Whodunit, ein Gebrauchskrimi, bei dem der Zuschauer den Ermittlern anfangs einige Nasenspitzen voraus ist, ohne dabei den völligen Durchblick zu haben. Ein paar Fragezeichen halten die Neugier wach, doch so richtig Spannung will nicht aufkommen in diesem Krimi, der mit einem groß angekündigten, letztlich aber etwas hausbackenen Bluff endet.
Was der Story an Struktur fehlt, muss mal wieder das Sounddesign liefern: der dräuende Tonteppich sorgt für die Bindung zwischen den Szenen. Die Inszenierung aber kann sich sehen lassen. Zwar konnte Jorgo Papavassiliou, bekannt für seine kommerziellen TV-Movies, aus den beiden betulichen TV-Kommissaren keine Action-Helden zaubern und überhörte manch grammatikalische Dialog-Schlamperei („Weißt du, was ihr zuhause erwartet“), dafür besticht der Regisseur durch eine klare, konzentrierte Bildsprache. Immer wieder setzt er auf beobachtende Kamerablicke (durch Türrahmen hindurch), sucht Distanz, wiederholt Einstellungen, schafft so einen filmischen Rhythmus und etwas (formale) Orientierung im Chaos eines durchschnittlichen Falls. Fazit: Dienst nach Vorschrift in ansehnlichem Look.