Nachts im Naturschutzgebiet: Ein kraftvoller Spatenhieb bringt Fluglehrer André Wanka zur Strecke. War’s seine Lebensgefährtin Jenny Münzer, eine Falknerin, mit der man ihn zuvor streiten sah? Oder war’s Spediteur Adamski, der ihn wegen irgendeines offenbar nicht ganz legalen Deals bedrängt hatte? Oder die enttäuschte Ex Maria, Jennys genervter Bruder Dominik, der engagierte Tierschützer Knut? In den letzten beiden Filmen deutete sich ja ein gewisser Aufschwung im Hallenser „Polizeiruf“-Team an, doch mit der Folge „Raubvögel“ sind die Herren Schmücke und Schneider sowie ihre junge Kollegin Nora Lindner wieder bei einem belanglosen Whodunit-Fall angekommen. Die Psychologie selbst der spannenderen Figuren bleibt der Krimi-Konvention untergeordnet, so dass hier auch Schauspielerinnen wie Henny Reents und Esther Zimmering nichts mehr retten können.
Den Plot hat Drehbuchautor Andreas Pflüger, ein „Tatort“-Vielschreiber, vollgestopft mit Motiven und Verdächtigen. Ein typisches Krimi-Verwirrspiel, das aber im Fernsehen nicht allzu verwirrend sein darf, weil man sonst das Publikum vertreibt. Also muss in den Dialogen alles genau erklärt und mit passender Musik untermalt werden. Die Inszenierung wirkt schablonenhaft – Fernseh-Routine, in der Polizisten mal hier, mal dort mit Verdächtigen und Zeugen sprechen und dabei Sätze sagen wie: „Nun machen Sie doch endlich mal den Mund auf.“ Immerhin wird vor einer attraktiven Kulisse aus Naturschutzgebiet (Brekel), touristisch interessantem Ortskern (Quedlinburg) und schmuckem Landbauernhof ermittelt. So schön ist also das Umland von Halle, das Kommissarin Lindner sogar in einem Segelflugzeug erkunden darf. Dafür fließen aber auch einige Themen aus Flora und Fauna mehr oder weniger elegant in die Handlung ein: Die Mindest-Größe von Greifvogel-Voliéren, der Lärmschutz während der Brutzeiten und die Ausfuhrbestimmungen seltener Vogel-Eier. Ach ja, und ein Schuppen mit Cannabis-Anbau lässt sich auch noch im Naturschutzgebiet verstecken.
Auf Seiten des Ermittlerteams dominiert Kommissar Schmücke diesen Fall, die Fans des Jaecki-Schwarz-Rollenfachs „Sympathisches Schlitzohr“ dürfen sich freuen. Der Arzt verordnet dem übergewichtigen Schmücke Innendienst, worauf der empört reagiert („Ich bin doch nicht übergewichtig, ich bin authentisch“) und im Büro natürlich trotzdem die Fäden in der Hand behält. Es entwickelt sich ein einigermaßen amüsantes Hase-und-Igel-Spiel zwischen Schmücke auf der einen und Schneider/Lindner auf der anderen Seite. „Igel“ Schmücke ermittelt schließlich sogar „undercover“, als vermeintlicher Kunde der Falknerei, und darf dabei einen stattlichen Adler auf den Arm nehmen. Aber: Ein authentischer Schauspieler macht noch keinen guten Fernsehkrimi. (Text-Stand: 23.2.2012)