Ein serbischer Sicherheitsbeamter ist ermordet worden. Alles weist auf einen Familienvater als Täter hin. Seit Jahren versucht Lutz Brückmann, einen Pharmakonzern für den Tod seiner Tochter zur Rechenschaft zu ziehen. Die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens hat ihn unberechenbar werden lassen. Eine zweite tickende Zeitbombe in Menschengestalt ist in Rostock eingetroffen: Bukows gefährlicher Kontrahent Subocek. Der Tote ist sein Blutsbruder. Das lässt darauf schließen, dass noch mehr Blut fließen wird. Und auch für Kommissar Bukow, der unter Korruptionsverdacht steht, wird es ziemlich eng.
„Ich möchte gucken, wie sich Ihr Körper verhält, wenn Sie die Wahrheit sagen.“ Kathrin König verbeißt sich gleich in der ersten Szene. Sie will endlich wissen, was es einst mit Bukows Berliner „SOKO Belgrad“ auf sich hatte. Hat er damals tatsächlich Beweisstücke vernichtet, Ermittlungsakten manipuliert und den Kronzeugen, der gegen den serbischen Mafia-König Subocek aussagen wollte, verraten? Mit der Antwort muss sie sich gedulden. Da geht es ihr ähnlich wie dem Zuschauer: der bekommt im neuen „Polizeiruf 110“ aus Rostock den Fall nicht auf dem silbernen Tablett serviert. Er muss sich die Fakten hart erarbeiten. Muss schauen, hören, kombinieren. Und bekommt vieles geboten, was andere Krimis nur behaupten: einen Realismus, der ganz weit unten ansetzt – auf der Wahrnehmungsebene.
Die Handkamera von Martin Farkas ist der ständige Begleiter von Eoin Moores Inszenierung. Rasche Bildfolgen, extreme Bewegtheit – ein solcher Erzählstil wird gemeinhin als realistisch bezeichnet. Es ist mehr als das. Wahrnehmung wird hier als flüchtiger, subjektiver Prozess begriffen, die Wirklichkeit als ein Sammelsurium von Eindrücken, selbst der Rostocker Mikrokosmos driftet ab in ein befremdliches Raumzeit-Gefüge. Und immer wieder belauern sich die Figuren untereinander – und so kommt der Zuschauer in den Genuss, dass er Figuren dabei zuschauen darf, wie sie andere Figuren beobachten. Das alles hat Auswirkungen auf den Krimi. „Feindbild“ arbeitet mit Andeutungen, Assoziationen, Auslassungen. Vermutungen, den Fall betreffend, werden beiläufig und vage und nicht zum Mitschreiben formuliert.
Der Realismuseindruck mit dem Schnodderton der Kommissare schiebt sich vor die Dramaturgie: Whodunit ist nicht! Vielmehr könnte mal wieder ein Opfer zum Täter werden. Und man bekommt als Zuschauer eher mal etwas nicht mit, als dass alles erklärt würde. Wie im Leben. Bei so viel Realismus ist es mal wieder fraglich, ob das soziale Pharma-Schwein am Ende auch bekommt, was es verdient: einen Prozess und einen jahrelangen Knast-Aufenthalt. Und über allem kreist die physische Aura von König/Sarnau und Bukow/Hübner. Es ist ein Pärchen, an dem zumindest die jüngeren Zuschauer noch viel Freude haben werden.