Das Team vom „Polizeiruf 110“ aus Meck-Pomm ist neu und umgezogen: Rostock erweist sich als gutes Pflaster für einen Krimi. Alexander Bukow und Katrin König sind ein bodenständiges Duo, das viel versprechend seine Polizeiarbeit aufnimmt. Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau sind die dazugehörigen Gesichter, die auch körperlich präsent in die Reihe starten. Im „Trainpotting“-Stil geht es los: eine Verfolgung mit hämmernden Beats. Nicht umsonst sagt Sarnau über das neue Konzept der Reihe: „Es kommt eine neue Generation von Machern und Schauspielern, die den ‚Polizeiruf’ noch mal ein bisschen anders rockt.“
„Einer von uns“ ist ein Krimi aus dem Milieu der „kleinen“ Leute, die ihre Arbeits- und Perspektivlosigkeit mit Drogen betäuben. Die Alten saufen, die Jungen ziehen sich Speed-Cocktails rein. Die Russen haben für jeden das Richtige parat. Sie kontrollieren den Markt. Fast. Einer, der ihnen noch das Wasser reichen kann, ist Veit Bukow, eine Legende in der Halbwelt und zugleich Vater des neuen Rostocker Kripo-Mannes. Alexander Bukow ist vor Jahren nach Berlin gegangen, weil er in Rostock kriminell geworden wäre. Dort wechselte er die Seiten und ist nun in seine Heimat zurückgekehrt. Doch es gibt Zweifel an seiner weißen Weste – in Berlin. Deshalb ist LKA-Frau König auf ihn angesetzt. Gemeinsam ermitteln sie in einem doppelten Mordfall: zwei 14-jährige Mädchen, auf Drogen, die eine brutal erstickt, die andere vergewaltigt. Nach Vorsatz sieht es nicht aus. Da war auch Angst beim Täter im Spiel.
Der NDR setzt neben dem modisch stylishen Hamburg-„Tatort“ mit Mehmet Kurtulus und dem eher klassisch stilisierten Borowski alias Axel Milberg in Kiel bei seiner dritten Krimi-Reihe auf andere Töne. Physischer Realismus und Authentizität der Charakter geht vor ästhetischer Raffinesse. Entsprechend die Auswahl der Ermittler-Typen. „Einer von uns“ – der Titel des Einstandsfilms bringt es auf den Punkt. Es ist vor allem das Tempo, die Körperlichkeit und das nonverbale Spiel der Protagonisten, das die Krimi-Konventionen des „ersten Falls“ vergessen lässt. Da sind schon altbekannte Handlungsklischees erkennbar (der erste Auftritt am Tatort, der eifersüchtige Kollege, die Vorbehalte auf beiden Seiten), aber sie werden quasi aufgelöst im wilden Spiel der beiden Hauptfiguren, das Eoin Moore mit tosendem Sound, rauem Look und einer sehr unspektakulären, wenig kunstvollen Whodunit-Konstruktion entsprechend verstärkt. „Kinesik“ könnte der Schlüssel-Begriff lauten.
Die Fall-Analytikerin Katrin König achtet besonders auf Körpersprache, sie liest die Bewegungen und schließt gelegentlich damit auf die Vertrauenswürdigkeit ihres Gegenübers. Darstellerin Sarnau legt auch großen Wert auf mimisch-gestische Nuancen. Mit ihrer Art zu kommunizieren, mal nervös, mal lachend, mal undeutlich sprechend, nimmt sie ihren typischen Krimi-Dialogen viel von ihrer Banalität. Hübner macht es im Prinzip ähnlich, die Gesten aber sind andere: Konzentration, Kraft und Coolness sind bei seinem Bukow spürbar. Ein Blick in sein Gesicht und man weiß, was Sache ist. Dabei ist er der, der unter Korruptionsverdacht steht, während für den Zuschauer Kollegin König, die Integerere, weniger klar fassbar ist in ihrem Charakter. Das verspricht einiges für die weiteren Fälle.