„Der Tod und das Mädchen“ – der Titel dieses „Polizeiruf 110“ aus Halle (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Polanski-Kino-Kammerspiel) ist ein alles andere als versteckter Hinweis auf die wahren Hintergründe, die zum Tod eines begnadeten jugendlichen Geigers führten. Der junge Mann besucht in Halle ein Konservatorium. Man sei hier eine große Familie, begrüßt der Leiter der Einrichtung die Kommissare. Die Ermittler kommentieren das nicht weiter, doch von diesem Moment an ist klar, welchem dramaturgischen Muster der Film folgen wird: Wie in jeder Krimi-Familie ist die intakte Fassade bloß ein schöner Schein, hinter dem sich Eifersucht, Missgunst und Intrigen verbergen. Das aber dämmert den Herren erst spät, weil sie das Naheliegendste übersehen.
Das Mordopfer ist in dunkler, regnerischer Nacht überfahren worden, als er aus einem geliehenen Auto stieg. Ein Zeuge (Bernd Michael Lade) hat gesehen, dass es sich zweifelsfrei um Vorsatz handelte. Schmücke und Schneider müssen sich nun in eine Welt begeben, die nach eigenen Regeln funktioniert: Die jungen Konservatoriumsbesucher wetteifern um Stipendien und Nominierungen für ein Festival; außerdem gibt es offenbar permanenten Streit um die Zusammensetzung der verschiedenen Pärchen. Fast zwangsläufig stellt sich dabei heraus, dass einige der Paare weitaus mehr verbindet als bloß die Liebe zur Musik, was zum Teil durchaus pikant ist; erst recht, wenn es sich um Geschwister handelt.
Während sich die beiden Routiniers ihrer Aufgabe gewohnt sachlich und unaufgeregt entledigen, standen die jungen Darsteller vor ungleich größeren Herausforderungen. Einerseits spielen sie Sprösslinge aus gutem Hause, was Figuren in einem Krimi per se verdächtig macht; andererseits muss ihnen die glaubwürdige Gratwanderung zwischen gesundem Ehrgeiz und krankhafter Missgunst gelingen. Dass Drehbuch und Regie (Karola Hattop) bei der Verteilung der Eigenschaften hier und da etwas großzügig waren, liegt in der Natur solcher Konstellationen; da gibt es eben den selbstgefälligen Schnösel (Sabin Tambrea), die junge Frau mit dem Beschützerinstinkt (Karoline Teska) und das Mädchen, das zwischen verbotener und neuer Liebe hin und hergerissen ist (Odine John). Wenn zu allem Überfluss auch noch eine ehrgeizige Mutter (Sunnyi Melles) ins Spiel kommt, die als Vorsitzende des Stiftungsrats über die Vergabe von Stipendien und Festivalnominierungen entscheidet, führt die Liebe zur Musik fast zwangsläufig zur Tragödie. (Text-Stand: 17.5.2009)