Noch immer plagt Nina ein Kindheitstrauma. Obwohl sie einst den tödlichen Unfall ihrer Eltern vorausgesehen hat, konnte sie ihn nicht verhindern. Nina hat die Gabe, in die Zukunft zu sehen. Phasenweise jedenfalls. Jetzt, mit Anfang 30, geht es mal wieder los mit den Visionen. Alpträume plagen sie. Als Steuerberaterin hält sie sich an Paragrafen fest – aber gegen ihre Schreckensbilder von einer Katastrophe über Frankfurt hat sie keine Mittel. In einem Institut für Anomalistik erhofft sie sich Hilfe. Doch die lässt auf sich warten. Stattdessen verliebt sie sich in Max, ihren „spirituellen Berater“. Auch er, der an die paranormalen Fähigkeiten seiner Klienten nicht glauben will, fühlt sich von Nina angezogen, weil seine vor Jahren verschwundene Frau ähnliche Symptome zeigte. Während er nach Antworten für sein Leben sucht und Nina, die für sich und ihren leichtlebigen Bruder sorgen muss, zwischenzeitlich ihre Fähigkeiten am Roulette-Tisch einsetzt, rückt die Katastrophe näher: das Museumsuferfest, ein Feuerwerk, ein AKW, zwei Flugzeuge, der Himmel über Frankfurt… Nina sieht es!
Wer bei „Nina sieht es…!“ einen Genre-Film erwartet, wer sich gar einen Mystery-Thriller verspricht – der sollte lieber einen Bogen um diesen Film machen. Denn es fehlt die amerikanische Zuspitzung der äußeren Handlung, es fehlt die klassische Spannungsdramaturgie und die visuellen Effekte sind für Fans des Übersinnlichen nur ein schlechter Witz. Regisseur Rolf Silber, der auch das Buch schrieb, ging es aber offensichtlich um etwas anderes. Er wollte die Identitätsfindung seiner Heldin, die Qual des Andersseins, die ihr auf der Suche nach dem Glück ständig im Weg steht, nicht vom Genre vorgeben lassen.
Lässt man sich darauf ein, vergisst die perfekten Hollywood-Bilder, die man zu diesem Thema schon gesehen hat, dann kann man dieser HR-Produktion – ähnlich wie unlängst „Ninas Fluch“ – durchaus etwas abgewinnen. Als (fernseh)filmischer Diskurs über Liebe, Phantasie und Übersinnliches, über Zweifel, Vertrauen und Familiensinn, der sinnlich und sympathisch von Mina Tander geführt wird, weiß „Nina sieht es…!“ durchaus zu gefallen. Dieses Drei-Personen-Stück ist nichts Weltbewegendes, nichts Großes, es besitzt nichts wirklich Magisches. Es ist das abstruse Geschichtengemisch, das aus dem Krimi-über-alles-Rahmen des deutschen Fernsehfilms fällt und das – irgendwann dann doch „fabelhaft“ zu schimmern beginnt. Auch ohne „Amélie“-Anleihen. Es reicht schon eine Ente auf dem Zebrastreifen.