Wenn einen Menschen in der Mitte seines Lebens plötzlich die Gewissheit überfällt, er sei drauf und dran, das Beste zu verpassen, wenn sich nicht sofort etwas ändere: Dann sind die Hauptfiguren solcher Geschichten meist Männer. In „Neid ist auch keine Lösung“ ist es allerdings eine Enddreißigerin, die von der „Midlife-Crisis“ gepackt wird, und schon allein das macht den Film sehenswert; mehr noch jedoch die Tatsache, dass die Drehbuchautoren Martin Dolejs, Johann A. Bunners und Regisseur Tobi Baumann, vielfach mit dem Deutschen Comedy-Preis geehrt, kein Drama aus der Geschichte machen. Vor allem aber hat der auch im Kino erfolgreiche Baumann („Der Wixxer“ / „Vollidiot“) seine beiden Hauptdarsteller perfekt geführt: Die Komik der Komödie entsteht stets aus den Situationen und nicht, weil Stefanie Stappenbeck und Matthias Koeberlin komische Gesichter machen. Die Handlung ist im Grunde einfach: Eigentlich ist die Siegener Arzthelferin Marie mit ihrem Dasein an der Seite von Ehemann Markus und als Mutter zweier Kinder zufrieden; bis sie gemeinsam mit Markus nach vielen Jahren ihre einstmals beste Freundin Heike (Christina Hecke) besucht, die beiden Lebensentwürfe miteinander vergleicht und plötzlich ihre letzten (Ehe-)Jahre in Frage stellt.
Soundtrack: Michael Franti & SpearHead („The Sound Of Sunshine“), Iggy Pop („The Passenger“), Youth Group (“Forever Young”), Passenger Feat. Josh Pyke (“What You’re Thinking”), Grant Lee-Phillips (“Boys Don’t Cry”), LMFAO (“Sexy And I Know It”), Kings of Leon (“Use Somebody”), Kodaline (“Talk”)
Foto: ZDF / Michael Marhoffer
Das Schönste an dem Film ist seine Lebensnähe. Schon der Auftakt mit einem typischen Familienfrühstücksmorgen ist gut getroffen und noch besser inszeniert. Der flotte Schnitt und die munteren Dialoge machen große Lust auf die Geschichte, zumal Marie und Markus keine Klischeefiguren, sondern Menschen aus der Nachbarschaft sind. Eine launige TV-Komödie wird aus „Neid ist auch keine Lösung“, als Marie von Heike übers Wochenende zu deren Geburtstagsfeier eingeladen wird; die alte Freundin wird ebenfalls vierzig. Also fährt das Paar zum Starnberger See, wo Heike als erfolgreiche Fotografin mit Traummann Hans (Götz Otto) eine Traumehe in einem Traumhaus führt. Plötzlich kommt sich Marie klein und hässlich vor und macht sich daher größer, als sie ist, was vor allem Markus ausbaden muss. Der ist Informatiker in der Firma seines Vaters, hat aber nun laut Marie ein eigenes Unternehmen und arbeite regelmäßig an seinem Golf-Handicap; prompt schleppt ihn Hans zum nächsten Golfplatz. Marie wiederum lässt Heike in dem Glauben, sie habe ihr Medizinstudium beendet. Schwierig wird die Scharade, als sie ihrem Jugendschwarm (Stephan Luca) begegnet und Markus ihr plötzlich nicht mehr gut genug ist. Aber die Ratschläge von Lebensratgeber Hans – „Es ist nie zu spät, sein Leben zu ändern“ – fallen nicht nur bei Marie auf fruchtbaren Boden: Markus erinnert sich an seinen Traum vom Schreiben, lässt sich anlässlich von Heikes Fest zu einer Lesung überreden und wird von den weiblichen Gästen regelrecht umschwärmt. Und so scheint innerhalb weniger Stunden das Ehepaar unwiderruflich auseinanderzudriften.
Spätestens im Angesicht der Ehekrise ändert sich auch der Tonfall des Films. Die Komödie wandelt sich zwar nicht zum Drama, nimmt aber deutlich nachdenklichere Züge an. Ein großer Reiz liegt ohnehin in den Kontrasten: Anfangs ist Marie die quirlige gute Seele der Geschichte, dann wird sie immer grüblerischer. Die Besetzung dieser Rolle mit Stefanie Stappenbeck, die wie gewohnt frisch und sexy wirkt, lässt Maries Minderwertigkeitsgefühle erst recht absurd erscheinen. Ähnlich sehenswert sind die weiteren Mitwirkenden. Mit dem auch international gefragten Götz Otto ist den Verantwortlichen ein kleiner Besetzungscoup gelungen, immerhin ist Hans nur eine vergleichsweise kleine Nebenrolle. Gleiches gilt für Stephan Luca, den Mann für alle Komödien-Fälle, der mittlerweile als arbeitsscheuer Bulle „Zorn“ auch im Krimi-Genre erfolgreich ist. Koeberlin wiederum ist als liebender Normalverbraucher wie auch als Mann, für den die Frauen schwärmen können, gleichermaßen überzeugend. Dass er sich nicht mit seinen zeitgeistigen literarischen Ergüssen blamieren muss, ist dem Drehbuch, das im Übrigen keine seiner Hauptcharaktere und tragenden Nebenfiguren verrät, hoch anzurechnen. Eine Entdeckung ist Hannah Schiller als Tochter des Paars, die das heftig pubertierende Mädchen mit der richtigen Mischung aus typischem Teenagertrotz und einer gewissen Exaltiertheit versieht. (Text-Stand: 15.5.2016)