Nichts für schwache Nerven und erst recht nichts für Augenfutter-Verächter ist der Pro-Sieben-Thriller “Nachtangst”. Eine junge Frau leidet unter schweren Albträumen, von denen sie drei junge aufstrebende Schlafforscher befreien wollen. Dabei sind sie einem medizinischen Wunder auf der Spur: Sie haben die entscheidende Nervenverbindung zum Schlafzentrum entdeckt. Das kann bedeuten: leben ohne zu schlafen, also acht Stunden täglich mehr Lebenszeit. Doch dieser Thriller wäre kein Thriller, wenn ein solcher menschlicher Traum wahr werden würde. Ganz andere Träume indes werden Wirklichkeit und reißen die von Marie Zielcke gespielte Heldin von einem Albtraumszenario in den nächsten Horrortrip.
Es geht um Angst und um permanente Bedrohung. Es ist die Todesangst während der nächtlichen Traumphasen, die den Schlaf alles andere als erholsam machen für Medizinstudentin Anna. Das Wissen um die Wiederkehr des nächtlichen Schreckens führt bei ihr zur Angst vor dem Einschlafen. Die wiederum verursacht die Angst vor dem Sekundenschlaf, der bei ihr aus Übermüdungsgründen mehrmals täglich eintritt und sie nicht selten in lebensbedrohliche Situationen bringt. Die junge Frau spürt, so kann es nicht mehr weitergehen. Und so lässt sie sich auf ein gewagtes Experiment ein. Ihre Hoffnung: “Kein Schlaf, kein Traum, keine Angst.”
Michael Rowitz erzählt in “Nachtangst” die psychologisch-medizinische Thriller-Story, die Autor Kai-Uwe Hasenheit mit frühkindlichen Traumata und einer Krimistory aus alten Zeiten ein wenig überfrachtet hat, konsequent – sprich: düster – bis zum Schluss. Die Albtraum-Szenen zeugen von Bild gewordener Angstlust. Magische Bilder aus Pop(Art) geboren. Herausgelöst aus der Realität agieren die in extreme Licht- und Schattenverhältnisse getauchten Figuren wie Geschöpfe aus einer anderen Welt. Auch in dieser Welt gibt es Liebe. Und die spiegelt sich am schönsten in der Reinheit der Gesichter von Marie Zielcke und Ken Duken und deren betörendem Spiel der Blicke.
Die beiden sind Ruhepunkt und ideales Gegenbild zu den nervenaufreibenden Horrorszenen des Films, die Rowitz wie in seinen postmodernen Film Noirs “Der Kuss des Killers” oder “Die Nacht der Engel” mit fast zu viel Liebe für optische Finessen inszeniert hat. Mit etwas weniger Formspielerei und Verzicht auf die eine oder andere sich abnutzende Schock-Montage, dafür mit etwas mehr konventioneller Handlung im Hier und Jetzt (und nicht im geheimnisvoll wabernden Gestern) hätte “Nachtangst” ein großes grenzgängerisches TV-Movie werden können, bei dem sich mehr als nur ein paar Filmfreaks gruseln würden.