Josef Matula, bis heute verkörpert von Claus Theo Gärtner (Jahrgang 1943), dürfte gleich mehrere Generationen ansprechen. Von 1981 an bis 2013 war er in der Krimiserie „Ein Fall für zwei“ zu sehen, als Privatdetektiv, der meist im Auftrag eines Rechtsanwaltes tätig wurde. Die Juristen wechselten, Matula blieb. Seit 2017 ist er Protagonist einer eigenen Reihe, die die Berufsbiografie des Titelhelden schlüssig weiterführt. Wie so viele Freiberufler, hat Matula keine ausreichende Altersversorgung und nimmt noch immer Jobs aller Art an, gerät aber auch mal unfreiwillig in ein Mordkomplott. „Tod auf Mallorca“, der dritte Film dieser Reihe, zeigt ihn bei Sonnenaufgang auf dem Mittelmeer am Ruder einer Luxusjacht. Er hat den Auftrag, das schnittige Segelboot von der Côte d’Azur nach Mallorca zu überführen. Die Sache, bei Matula nicht selbstverständlich, gelingt sogar. Im Hafen kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung mit Ingo Schumann (Jochen Horst), der offenbar auf Mallorca den vorgezogenen Lebensabend, das Wetter, das Essen, „die Damen“ genießt. Matula wird noch ein wenig länger in Dienst genommen. Sein Auftraggeber kann die Jacht nicht pünktlich übernehmen, lässt sich entschuldigen und Matula bitten, das Schiff noch ein paar Tage zu bewachen.
Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
Als der Netflix 2011 mit der Produktion eigener Erzählserien begann, ersannen die Programmverantwortlichen eine clevere Strategie: Sie führten Serien weiter, die im regulären Fernsehen eingestellt worden waren und die sich für bestimmte Teile des Publikums in der einen oder anderen Weise mit positiven Seherfahrungen verbanden und neuerlich Gratifikation versprachen. Zu den Titeln gehörten unter anderem die satirische Familienserie „Arrested Development“, die konventionelle Familien-Sitcom „Fuller House“, die Tragikomödie „Gilmore Girls“, die High-School-Soap „Degrassi: Next Class“, die Anthologie „Black Mirror“. Nicht unverwandt ist die Strategie des ZDF, einem ihrer hauseigenen Urgesteine weitere Abenteuer in Form jährlich ausgestrahlter abendfüllender Spielfilme zu gönnen.
Matula und Schumann freunden sich an, und er lernt Karin Weißbach (Heike Trinker) kennen, die Schumann als „die Frau seines Lebens“ vorstellt. Von denen aber gibt es gleich mehrere, wie Matula peu à peu herausfindet, nachdem anderntags Schumanns Leiche im Hafenbecken schwimmt. Der zuständige Kommissar der spanischen Polizei ist – glücklicherweise – kein klischeehaft dumpfer Trottel, verdankt aber doch dem deutschen Privatermittler einen Hinweis, der den vermeintlichen Unfall als Mord entlarvt. Karin Weißbach wird als tatverdächtig festgenommen. Über Weißbachs Anwalt wird Matula als Ermittler angeheuert. Der Strafverteidiger setzt ihn über den Ermittlungsstand in Kenntnis. Und kommentiert: „Detektiv und ‛n Anwalt ‒ gab es da nicht schon einmal eine Fernsehserie?“ Matula antwortet mit einem verständnislosen Blick. Anspielungen dieser Art – Matulas zugelaufener Hund trägt den Namen Renz, wie sein erster Arbeitgeber in „Ein Fall für zwei“ – würzen den zwar verzwickten, aber stets überschaubaren Krimiplot, für den wie schon bei den voraufgegangenen „Matula“-Specials Ben Braeunlich als Autor verantwortlich zeichnet. Als ehemaliger Student der Fächer Schiffsbau und Meerestechnik kennt sich Braeunlich nebenbei in nautischen Fragen aus. Nicht nur die Gags passen, Braeunlich und Hauptdarsteller Gärtner wissen den genuinen Charakter der Hauptfigur zu wahren, ohne natürliche Entwicklungen zu unterdrücken. Wenn sich Matula als Caddy in einen Golfclub einschleicht, dann fällt ihm der Transport der Golfschläger über das unebene Gelände merklich schwer. Auch ist Matula kein Tausendsassa, er scheitert kläglich beim Versuch, das moderne Schloss eines Hotelzimmers mit der Scheckkarte zu öffnen. Besser beherrscht er die herkömmliche Methode – und klettert, wenn auch mühsam, vom Nachbarzimmer her auf den Balkon.
Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
Soundtrack: Perry Como („Poppa Loves Mambo“), Matt Terry, Enrique Iglesias, Sean Paul („Subeme La Radio Remix“), Luis Fonsi & Demi Lovato („Échame La Culpa“), Vance Joy („I‛m With You“)
So patent wie Braeunlichs Drehbuch sind Daniel Helfers Regie und Mathias Neumanns Kameraführung. Da finden sich immer wieder kleine Finessen wie die subjektive Perspektive eines heimlichen Beobachters oder mehrere knappe Plansequenzen (Steadycam: Lorenz Till Ackermann). Die Schauplätze wechseln häufig, sind bisweilen, wie die Kabine der Jacht, ungeheuer eng, aber es gelingt den Kameraleuten und auch Editor Jens Müller durchgängig, das nötige Raumgefühl herzustellen. Ähnliches gilt für die Entfernungen. Die Figuren leben über die Insel verstreut. Matula legt die Strecken mit einem kleinen Auto zurück. Natürlich eine Gelegenheit, Mallorcas Landschaften vorzuführen. Aber hier wirkt das nie penetrant und aufgesetzt. Gezeigt wird, was Matula wahrnimmt, und seine Touren sind jedes Mal begründet. Der insgesamt flotte Schnittrhythmus bewirkt zudem, dass die mit süffigen, dieser Erlebniswelt entsprechenden Musiktiteln unterlegten Aufnahmen nicht unnötig schwelgerisch geraten. Eine – lässliche – Konzession an die Publikumswirksamkeit allerdings muss auch festgehalten werden: Der Terrier Renz, der in Wahrheit Mumford heißt, wird mehrfach so ins Bild gesetzt, dass Kinder und entsprechend empfängliche Menschen „wie süß“ oder Ähnliches seufzen werden. Fazit: Mit den „Matula“-Filmen wird die serielle Erzählung nicht neu erfunden. Aber sie sind Beispiele erkennbar guten Handwerks und souverän gehandhabter filmischer Mitteln, dabei unterhaltsam in Wort und Bild. (Text-Stand: 30.3.2019)