Der Mann, der vor 13 Jahren Marie Brands Vater, ebenfalls Kripo-Beamter, im Dienst erschossen hat, ist aus der Haft entlassen worden. Kollege Simmel ist beunruhigt. Doch Marie Brand hat sich im Griff, als Rombach, der jahrelang gemeinsam mit ihrem Vater ermittelte, plötzlich vor ihr steht, sich entschuldigt für seine unverzeihliche Kurzschlussreaktion. Er war damals verzweifelt darüber, dass Heinrich Brand Christian Bruckner nicht des Mordes an Rombachs 17-jähriger Tochter überführen konnte. Dabei muss er der Mörder gewesen sein – doch es gab keine Beweise. Alles vernichtet. Jetzt will Rombach Bruckner kriegen. Während er sich mit dem Besuch bei Marie Brand ein Alibi verschafft, wird Bruckners Tochter Sophie entführt. „Wenn Sie eine Aussage machen, kommt Ihre Tochter frei“, sagt eine verzerrte Stimme am Telefon zu Bruckner. Jeder weiß, Rombach muss hinter der Entführung stecken, aber es gibt keine Beweise. „Das hatten wir doch schon mal“, so der Racheengel. Marie Brand fühlt sich veranlasst, die Akten vom letzten Fall ihres Vaters, der ihm das Leben kostete, wieder zu öffnen.
Der Fall von „Marie Brand und die offene Rechnung“, ein Doppelfall, ein Mord aus alten Tagen und eine aktuelle Entführung, ist der bislang persönlichste für die quicke Kölner Kommissarin. Das wirkt sich positiv auf Story und Tonlage aus, die angemessen ernsthaft sind, ohne auf die launigen Einlagen von Hinnerk Schönemanns Simmel gänzlich zu verzichten. Marie Brand stellt sich ihrer Vergangenheit, wie man es von ihr erwartet – vernünftig und unaufgeregt. Für Emotionen sind andere zuständig. Im Hause des vermeintlichen Mörders herrscht emotionaler Ausnahmezustand. Der Entführer hat eine Kamera auf das gefesselte und geknebelte Mädchen gerichtet und sendet die Bilder per Videostream. Alle Beteiligten sind ständig online. Das Leiden der Entführten spiegelt sich nicht nur auf den Gesichtern ihrer Liebsten, das Spiel mit der Internet-Übertragung wird auch (spannungs)dramaturgisch höchst effektiv eingesetzt. Der ganze Krimi ist mit seinen Spiegelungen, Urangstbildern und Wie-du-mir-so-ich-dir-Spielchen nicht nur klug und wendungsreich konstruiert, sondern eine einzige Achterbahnfahrt der Gefühle. Jede einzelne der Gastrollen ist sehr präzise besetzt, die psychologischen Profile sind für „Marie-Brand“-Verhältnisse überaus stimmig, der Spannungspegel ist durchweg hoch – selbst dann noch, wenn man als Zuschauer ahnt, was wohl damals in der verhängnisvollen Nacht nach dem Innungstreffen der Bestattungsunternehmer passiert ist. „Marie Brand und die offene Rechnung“ gehört zu den besten Filmen der Reihe. Ein stark getimter Gebrauchskrimi, der in jeder Hinsicht überzeugt.