Marie Brand und der Liebesmord

Mariele Millowitsch, Hinnerk Schönemann, Berndt, Broecker. Tödliche Partnersuche

Foto: ZDF / Guido Engels
Foto Volker Bergmeister

Jubliäum für die beliebte ZDF-Kommissarin und ihren herzensguten Kollegen Simmel: „Marie Brand und der Liebesmord“ ist der 20. Beitrag der in der Regel recht launigen Krimi-Reihe. Der Film von Josh Broecker & Timo Berndt führt in die Welt einer Online-Partnervermittlung und zeigt – im Gegensatz zu anderen Episoden – vornehmlich die Stärken von „Marie Brand und…“: Ein Ermittler-Team, das man einfach mögen muss, eine grundsolide Geschichte und ein starker Episoden-Cast. Das ist schnörkellose Krimi-Unterhaltung mit Witz & Tempo.

Eine Erpresserin findet den Tod. Sie war Teilhaberin der Online-Partnervermittlung „Amore Grande“. Die Ermittlungen führen zu den Miteigentümern der Firma: Karsten (Simon Licht) und Christian Wenke (Rick Okon). Vater und Sohn haben ein Motiv: Jennifer hat sich mit illegalen Mitteln in die Firma eingekauft und wollte ihren Einfluss weiter ausbauen. Marie Brand (Mariele Millowitsch) und Simmel (Hinnerk Schönemann) finden heraus, dass das Opfer einen Kunden erpresst hat. Der hatte sich mit mehreren Frauen getroffen, die allesamt kurz nach dem Treffen verstorben sind. Ist dieser Mann der Täter oder vielleicht doch Ben Seidel (Florian Bartholomäi), Ex-Mitarbeiter, von Wenke aus der Partnervermittlung entlassen, der mit dem Jennifer kurz liiert war und der die Trennung nicht akzeptieren wollte? Seidel stalkte seine Verflossene. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, geht die Brand ungewöhnliche Wege und gerät in Gefahr. Und Simmel fliegt mal wieder ein Herz zu.

Mit „Marie Brand und der Liebesmord“ macht das ZDF die 20 voll. Im Gegensatz zu manch anderer Krimi-Reihe („Unter anderen Umständen“) setzt man hier auf ständigen Wechsel bei Buch und Regie. Elf Regisseure und noch mehr Autoren waren bisher mit „Marie Brand“ beschäftigt. Für Timo Berndt, der zuletzt einige Drehbücher für die „Friesland“-Reihe im Zweiten geschrieben hat, ist es eine Premiere. Regisseur Josh Broecker, gerade erst mit der ARD-Trilogie „Eltern allein zu Haus“ im Dauereinsatz, hat seinen vierten „Marie Brand“-Krimi gedreht und ist bestens vertraut mit den beiden Hauptfiguren, die – und darauf sollte zum Jubiläum durchaus hingewiesen sein – vor zehn Jahren Alexander Adolph entwickelt hat.

Marie Brand und der LiebesmordFoto: ZDF / Guido Engels
Verdächtiges Jungvolk. Florian Bartholomäi, Rick Okon & David Korbmann

Auch im zehnten Jahren siezen sich die Kommissare noch und reden sich mit Nachnamen an. Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann verkörpern helle Figuren, dunkel ist die Welt des Verbrechens, in die sie eintauchen. Frau Brand und Herr Simmel, haben keine Abgründe, aber sie haben auch ihre großen und kleinen Sorgen. Und die sind in „Marie Brand und der Liebesmord“ zwischenmenschlicher Natur. Herr Simmel hat keine Partnerin, ist auf der Suche. Frau Brand hat ihrem Partner gerade die Koffer vor die Tür gestellt, wurde betrogen und ist emotional angeschlagen. Aus dem Off erklingt der Lindenberg-Song „Schwere Zeiten“. Der Fall um den Mord an der Geschäftsführerin einer Online-Partneragentur ist näher dran an beiden als sie zunächst glauben. Auch Herr Simmel hat ein Profil bei „Amore Grande“ und Frau Brand richtet eines ein, um dem Täter eine Falle zu stellen. Aber nicht das Privatleben bestimmt die Geschichte, sondern die Geschichte wird im Privatleben gespiegelt.

„Marie Brand und der Liebesmord“ zeigt die Stärken dieses Teams. Die Charaktere sind sehr verschieden – Marie Brand hochbegabt, strategisch denkend, analytisch; Jürgen Simmel pragmatisch, sprunghaft, herzensgut. Aber sie ziehen an einem Strang. Sie ist ihm immer einen Tick voraus, er setzt dafür seine Körperlichkeit ein, um – wie in diesem Fall – sie auch mal zu retten. Die beiden polarisieren nicht, der Zuschauer mag beide, weil er merkt, dass sie sich bei aller gespielter Distanz auch mögen. Es sind zwei normale, geerdete Menschen mit kleinen Ticks und Macken. Herrlich beispielsweise, dass Herr Simmel Frau Brand gerne sein Jackett gibt, bevor er die Verfolgung eines Verdächtigen aufnimmt. Und dann ist da der Humor: dieses Gefrotzel, diese verbalen Sticheleien, das wirkt nicht aufgesetzt, sondern schafft eine launige (Ver-)Bindung zur Krimihandlung. Der Humor entsteht aus der Situation. Wenn Frau Brand beim Partner-Portal ein Profil erstellt, um den Mörder zu locken, und Herr Simmel ihr bei den Angaben zu Eigenschaften, Stärken und Schwächen hilft, dabei ins Stocken gerät oder kleine Gemeinheiten loslässt, verbindet das unterhaltsam die Krimi- mit der Beziehungsebene. Und wenn die Brand dann sein Profilfoto entdeckt, auf dem er sich mit einem heißen Sportwagen, den er nicht besitzt, sondern nur beim Transport eines Tatverdächtigen benutzt hat, dann folgt die Retourkutsche auf dem Fuß. Diesen Grundton zwischen den beiden hat Autor Berndt gut getroffen. Und auch die Story, die ein durchaus überraschendes Ende hat, entspricht dem qualitativen Anspruch der Reihe. Ein bisschen des Guten zu viel mag der Running Gag mit Dr. Engler (Thomas Heinze) sein, der seinen Freund Jonas wieder mit Marie Brand zusammenbringen will, nachdem diese ihm den Laufpass gegeben hat. Das ist zwar hübsch slapstickartig angelegt, aber eher bemüht umgesetzt.

Marie Brand und der LiebesmordFoto: ZDF / Guido Engels
Blind Date mit doppeltem Blickkontakt. Jasmin Schwiers, Hinnerk Schönemann, Mariele Millowitsch, Heikko Deutschmann. Will Marie Brand etwa „Lockvogel“ spielen?

Was „Marie Brand und der Liebesmord“ überdies auszeichnet, ist der gelungene Episodencast: Florian Bartholomäi, Simon Licht (herrlich herrisch), Rick Okon und Heikko Deutschmann. Es sind vor allem die männlichen Parts, die gut besetzt sind, sie nehmen viel Raum ein und bieten den Akteuren reichlich Spielmöglichkeit. Die Welt der Partnervermittlung hat Regisseur Broecker behutsam in Szene gesetzt. Die Location passt zu diesem kühlen Geschäftsbereich. Und der Druck, der in dieser nicht gerade menschelnden Branche besteht, vermittelt sich gut, ohne dass man sich allzu vieler Klischees bedienen müsste. Fans der Reihe dürfen sich freuen: Fall 21 ist abgedreht und wird noch dieses Jahr gesendet. (Text-Stand: 26.3.2017)

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Reihe

ZDF

Mit Mariele Millowitsch, Hinnerk Schönemann, Thomas Heinze, Heikko Deutschmann, Simon Licht, Florian Bartholomäi, Rick Okon, Anna Grisebach, David Korbmann, Jasmin Schwiers, Janina Flieger, Niki Finger

Kamera: Eckhard Jansen

Szenenbild: Michaela Schumann

Schnitt: Anke Berthold

Musik: Florian Tessloff

Produktionsfirma: Warner Bros. ITVP Deutschland

Drehbuch: Timo Berndt

Regie: Josh Broecker

Quote: 7,36 Mio. Zuschauer (23,8% MA); Wh. (2019): 5,15 Mio. (16,3% MA)

EA: 22.04.2017 20:15 Uhr | ZDF

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