Sie hat nicht mehr lange zu leben. Umso wichtiger für sie, sich in Würde zu verabschieden. Maria, die schon immer ihren eigenen Kopf hatte, will auf ihrem Hof sterben. Doch wie soll das gehen? Sohn Simon ist als Bauer rund um die Uhr eingespannt. Und ihr Sohn Hans, der einst mit Simons Verlobter durchbrannte, lebt in Australien. Vorübergehend soll die Krankenschwester Andrea aushelfen. Doch mit der bärbeißigen Alten ist auch für sie kein leichtes Auskommen. Die Wut über die eigene Hinfälligkeit scheint sie an der ganzen Welt auslassen zu wollen. Oder ist es die innere Unzufriedenheit über den Zerfall der Familie und das Empfinden, dass es zu spät für Versöhnung ist? Andrea beginnt zu verstehen. Und so ergibt sich nach und nach ein stillschweigendes Einverständnis zwischen den beiden Frauen.
Der Tod ist das letzte Tabu in unserer Gesellschaft. Sterben findet im Verborgenen statt. Auch die Medien machen es nicht anders. Getötet wird viel im Fernsehen, Filme über den Tod aber sind selten. Wenn es sie einmal gibt, dann erzählen sie ihr außergewöhnliches Sujet meist auf eine außergewöhnliche Art und Weise. Im vergangenen Herbst gab es den „Tatort: Herzversagen“ und den „Polizeiruf: Winterende“. Beide hatten ein Millionen-Publikum und bekamen den Grimme-Preis. Jetzt hat es der BR gewagt, das Thema jenseits des Krimigenres anzugehen. „Marias letzte Reise“ ist auch für den Zuschauer eine Reise: eine Reise in die letzten Wochen einer krebskranken Frau, die nicht bei deren letztem Atemzug endet – denn für andere geht das Leben weiter. Es ist ein Kommen und Gehen. „Demut gegenüber dem Leben“, das ist für Regisseur Rainer Kaufmann die magische Formel.
„Ein echter Begleiter zu sein kann einem viel geben“, heißt es im Film, zu dem Ariela Bogenberger das Drehbuch geschrieben hat. Der Satz beruht auf Erfahrung. Die Autorin ist gelernte Krankenpflegerin, die schon einmal Sterbebegleitung gemacht hat. Der Film besticht durch seine Genauigkeit in der Beobachtung, durch seine Tonlagenvielfalt und die sich daraus ergebenden Nuancen im Spiel der herausragenden Schauspieler. Michael Fitz sah man selten so gut, Nina Kunzendorf empfiehlt sich nach Grafs Internetsex-„Polizeiruf“ bereits jetzt als TV-Entdeckung des Jahres und Monica Bleibtreu ist in ihrer Art zu spielen einfach unnachahmlich. „Marias letzte Reise“ ist ein stiller Film, über den man nicht zu viele Worte machen sollte – man muss ihn sehen! (Text-Stand: 23.3.2005)