Sie galt vor Jahren als Hoffnung ihrer Zunft. Doch Mutterschaft und Medienkrise haben Journalistin Tine aus der Branche herauskatapultiert. Mit einer für sie untypischen Wut im Bauch – weil ihr Freund, der jetzt ihr Ex-Freund ist, sie schmählich auf seinen Journalistenreisen betrogen hat – bewirbt sie sich bei einem Schreibwettbewerb des Männermagazins Hombre. Stichwort: „Von Mann zu Mann“. Und da fällt ihr so einiges ein über ihren Ex. „Um es gleich deutlich zu sagen: Ich, Frank Schmidt, habe einen kleinen – einen sehr kleinen Schwanz. Mit zehn erigierten Zentimetern ist er deutlich unterhalb der deutschen Durchschnittswerte.“ Was nur als Rache gedacht war, wird zu Tines alias Frank Schmidts großer Chance. Sie gewinnt nicht nur den Wettbewerb, sondern bekommt auch eine Festanstellung beim Hombre. Verlagschefin Rothenburg will das steinzeitliche Muskel-Möpse-Magazin auf Zeitgeist trimmen. „Machen Sie den Machos da unten mal so richtig Feuer unter den Eiern“, appelliert sie an ihren Hoffnungsträger. Ihr Näschen trügt sie nicht. Der „kleine Schwanz“ ist bald in aller Munde, der Hombre wieder ein Auflagenhit. Auch Tine wächst schneller in die Rolle als gedacht. Nur dieser Chefredakteur, der macht ihr Probleme. Der ist auf einmal ganz anders, als sie sich so einen Tittenmagazin-Vorsteher vorgestellt hat.
Foto: Sat 1 / Claudius Pflug
Verkleidungskomödien im deutschen Fernsehen – das hatte bislang immer viel von „Charleys Tante“ und fast gar nichts von „Manche mögen’s heiß“ oder „Tootsie“. Doch was Matthias Schweighöfer im Kino kann, das sollte auch einer Sympathieträgerin wie Theresa Scholze im Fernsehen gelingen – das dachte sich offenbar Sat 1. Richtig gedacht – und richtig gut gemacht! „Mann kann, Frau erst recht“ ist ein Sat-1-Movie und tritt von daher nicht mit dem Anspruch an, dem Mann-Frau-Thema geschlechterpolitisch korrekt oder gar intellektuell zu begegnen, aber der sympathischen thirtysomethings-Komödie gelingt es dennoch wunderbar, das unübersichtlich gewordene Thema Sex und Beziehung, die daraus resultierenden geschlechtspezifischen Irritationen und (zeittypischen) Ängste in die abwechslungsreiche Handlung einzubauen. Die Romantik hat zwar auch in dieser Geschichte ein Wörtchen mitzureden, aber es geht hier um sehr viel mehr als nur darum, wie sich die Liebenden am Ende kriegen. Die typischen Komödiensituationen (Rollentausch, Betrug, Entdeckung, Geständnis), die an sich schon großartig funktionieren, werden zudem noch geschlechterrollenspezifisch aufgeladen. Komödien-Technik und Rollen-Diskurs sind so eng miteinander verknüpft, dass sie sich gegenseitig immer wieder wunderbar beflügeln.
Foto: Sat 1 / Claudius Pflug
Dabei sind Bedenken vorab nicht unberechtigt. Wie soll beispielsweise die Identifikation mit Tine aufrecht erhalten bleiben, wenn sie einem die meiste Zeit als Halbes-Hemd-Männchen begegnet? Wie es geht, muss der Filmpsychologe erklären. Tatsache ist: Es kommt beim Sehen des Films zu keinen Hauptfigur-Geschlechts-Kollisionen. Zweiter Einwand: Wie blöd müssen die sein, die nicht erkennen, dass es sich um eine verkleidete Frau handelt? Nicht so blöd, als dass die Resthandlung nicht funktionieren würde. Und überhaupt, war das denn bei Jack Lemmon, Walther Matthau oder Dustin Hoffman anders?! Es gibt also nichts zu meckern. Theresa Scholze ist ungemein spielfreudig, als Frau eine Wucht, als Mann ein guter Witz. Die Handlung steckt voller Wendungen und kleiner Drehs. Selbst die Message, die die Geschichte um eine Frau, die zu den Männern geht, um ihr (weibliches) Ego zu straffen und ihr Männerbild zu überdenken, leise mittransportiert, ist für eine Komödie recht brauchbar.
Foto: Sat 1 / Claudius Pflug
Besonders auffallend: Die Dialoge treffen stets den richtigen Ton zwischen Alltagsjargon und pointierter Verdichtung. Schön auch, die Sprachstil-Veränderungen, die sich aus dem Rollentausch ergeben. Zeigen anfangs Tines Sätze wie „Pass auf, du Wichser, ey“ noch wie sie glaubt, als richtiger Mann reden zu müssen, spricht sie am Ende auch als Frau ganz anders. Sätze wie „Ich geh erst mal pissen“ oder „Ich hab hier ein massives Problem und da lass’ ich mir jetzt kein schlechtes Gewissen machen“ sollen gar nicht so viel bedeuten, sie erzählen nur beiläufig ein Stück Veränderung mit. In eine andere Realismus-Richtung zielen bei „Mann kann’s, Frauen erst recht“ die realen Menschen des Zeitgeschehens, die der Film süffisant zitiert: da ist von Til Schweiger die Rede, der „Der kleine Schwanz“ mit sich in der Hauptrolle verfilmen will, da gibt es eine Presse-Headline, DIETER BOHLEN: „AUCH ICH HABE EINEN KLEINEN…“, sogar George Clooney ist entzückt von dem Hombre-Artikel und Hugo Egon Balder ist Hugo Egon Balder in der Talkshow „Schwanzvergleich – Ist unsere Männlichkeit in Gefahr?“ In der Sendung wird Bushido angekündigt – mit dem Statement: „Auch ich würde mich outen, aber leider gibt es keinen Grund.“ (Text-Stand: 18.7.2012)