Horror-Fans wissen: Wer sich auf Machenschaften mit der dunklen Seite einlässt und die Kräfte der Finsternis beschwört, hat meist nicht lange Freude an der erhofften Belohnung. So ergeht es auch einem Quartett, das mit Hilfe eines Rituals die Pforte zum Reich eines Dämons öffnet. Den einen wird sofort das Herz aus dem Leib gerissen, den anderen gewährt der sinistre Unhold eine Gnadenfrist, um mit ihrer Hilfe seine düsteren Pläne zu verwirklichen: Nuksi will die Gelegenheit nutzen, um die mitsamt der Göttin, der er dient, die Herrschaft über die Welt zu übernehmen.
Das klingt nach einem Fall für den Groschenromanhelden John Sinclair oder die „Ghostbusters“, weshalb es im Grunde nur zwei Möglichkeiten gibt, eine derartige Geschichte zu erzählen: als ernsthaft konzipiertes, im Zweifelsfall allerdings auch unfreiwillig komisches B-Movie, dessen Ambitionen am knappen Budget scheitern; oder als Parodie. Zum Glück hat sich das österreichische Ehepaar Elisabeth und Andreas Schmied (sie schrieb das Drehbuch, er teilte sich die Regie mit Franziska Meyer Price) für die zweite Variante entschieden: „Mandy und die Mächte des Bösen“ ist ein fröhlicher Ulk, der sich selbst nicht ernst nimmt, bei aller Heiterkeit jedoch wie jede gute Persiflage den Konventionen des Genres folgt; auch solche Geschichten funktionieren nur, wenn das Böse in der Tat zum Fürchten ist. Mit Michael Pink ist der Dämon angemessen schurkisch besetzt. Auch das Maskenbild hat ganze Arbeit geleistet: Die schauerlichen Fratzen von Nuksis Gefolgschaft entsprechen dem Genrestandard, die verschiedenen Zweikämpfe auf Leben und Tod sind durchaus spannend. Das „Nachtgarten“ genannte Reich des Dämons ist ein eindrucksvolles Bühnenbild voller schwarzer Monolithen und viel Nebel. Die bösen Geister, die nacheinander sämtliche Figuren besetzen, fuhrwerken zwar wie wildgewordene Qualmwolken eines übertriebenen Tischfeuerwerks durch die Gegend, aber auch das ist optisch überzeugend umgesetzt. Gleichzeitig wird der Horror immer wieder ironisch gebrochen: Das Tor in den Nachtgarten ist der Putzmittelschrank im Waschkeller.
Viel Vergnügen bereiten auch die beiden jungen Heldinnen. Mandy (Eli Riccardi) leidet seit einem Unfall bei einer Halloween-Party unter Agoraphobie. Mutter Tiffany (Rebecca Immanuel) hat daraus ein Geschäftsmodell gemacht: Angeblich liegt Mandy im Koma und kann Kontakt zu Verstorbenen aufnehmen. Nach einer solchen „Séance“ taucht Selcan (Bayan Layla) bei ihr auf. Sie gehörte zum Beschwörungsquartett, befindet sich jetzt in einer Zwischenwelt und bittet Mandy um Hilfe. Zur Mentorin des Duos wird eine alte Nachbarin: Gretel (Inge Maux) ist Seherin und weiß, dass das Böse in der Regel nur im Augenwinkel wahrzunehmen ist; aber manchmal manifestiert es sich auch in unserer Welt. Sie erkennt, dass nur Mandy in der Lage ist, den Dämon in seine Schranken zu weisen.
Bayan Layla ist für „Elaha“ (2023) mehrfach ausgezeichnet worden, Eli Riccardi ist als Titelfigur eine echte Entdeckung. Rebecca Immanuel verkörpert ihre Rolle mit einer derartigen Hingabe, als habe sie schon immer mal in solch’ einer Produktion mitwirken wollen. Schmieds Drehbuch bietet ihr dank diverser origineller Einfälle viele Gelegenheiten, um ihr komödiantisches Talent auszuleben. Sehr witzig ist zum Beispiel die Idee, dass sich Tiffany in Ermangelung eines geweihten Gefäßes, in das sich die bösen Geister einsperren ließen, bei onlinesegen.com Küchenutensilien segnen lässt; darunter auch einen Römertopf. Bei den zwei Hauptdarstellerinnen resultiert die Komik vor allem aus den Konflikten, die sie mit selbst ausfechten: Mandy will keine Seherin und Selcan will nicht tot sein. Immerhin kann sie als Geist in andere Körper schlüpfen, was ihr zu einem unerwarteten Comeback verhilft: Mandys Freundin Jessie (Safira Robens) befindet sich seit dem Partyunfall im Koma.
Die Kurzweiligkeit der Serie hat nicht zuletzt mit der Kürze zu tun: Die acht Folgen dauern jeweils nur 25 Minuten. Selbst wenn sich zwischendurch allerlei Romanzen ergeben: Sechs hätten’s vermutlich auch getan. Am Schluss erzählen gleich zwei Episoden aus unterschiedlichen Perspektiven, was sich auf der Party zugetragen hat, als hätten sich die Verantwortlichen gedacht: Wenn wir schon so viele Statisten engagieren und mit Kostümen ausstatten, soll sich das auch lohnen. Ansonsten haben Schmied und Meyer Price die mutmaßliche Überschaubarkeit des Budgets fantasie- und wirkungsvoll durch visuelle und akustische Effekte kompensiert. Dass die Heldinnen dem Spuk nur vorübergehend ein Ende setzen können, versteht sich fast von selbst. (Text-Stand: 20.10.2023)