Laim und die Toten ohne Hosen

Max Simonischek, Lardi, Bürkle, Darnstädt, Schneider. Der Schatten des Todes

Foto: ZDF / Michael Marhoffer
Foto Tilmann P. Gangloff

In dem ausgezeichneten Krimi aus der ohnehin stets mehr als sehenswerten Reihe mit Max Simonischek gerät der Münchener Kommissar in den Bann einer faszinierenden Frau, die allerdings auch eine Mörderin sein könnte. „Laim und die Toten ohne Hosen“ (ZDF / Network Movie) beeindruckt wie die bisherigen sechs Episoden nicht zuletzt durch eine hochwertige Optik und eine vortreffliche Musik. Der besondere Reiz dieses von Ferne an „Basic Instinct“ erinnernden Thrillers resultiert jedoch aus den vielen Gegensätzen, und das gilt nicht nur die beiden Hauptfiguren.

Die zunächst denkbar tragisch verlaufende Romanze zwischen Amor und Psyche ist eine der schönsten Liebesgeschichte aus der griechischen Sagenwelt: Die von aller Welt um ihre Schönheit beneidete Königstochter Psyche verliebt sich unsterblich in den Sohn von Venus, doch die eifersüchtige Göttin sabotiert diese Verbindung mit allen Mitteln; schließlich fällt Psyche in einen todesähnlichen Schlaf, als sie ein Kästchen öffnet, das angeblich eine Schönheitssalbe enthält. Das ist zwar im weitesten Sinn durchaus eine Krimihandlung, zumal Eifersucht gern als Mordmotiv verwendet wird, aber als Vorlage für eine Episode der ZDF-Reihe mit Max Simonischek klingt die Sage zunächst etwas weit hergeholt. Die beiden Morde, die Lukas Laim aufzuklären hat, haben ohnehin keinerlei offenkundigen Bezug zu dem antiken Sujet, das seit Jahrhunderten als Inspiration für Skulpturen und Gemälde dient. Eins dieser Bilder hat es dem Polizisten angetan: Es zeigt die Königstochter mit der Schachtel auf dem Schoß, im Hintergrund lauert bereits der Schatten des Todes. Auch Laims Lebensweg scheint zu enden.

Laim und die Toten ohne HosenFoto: ZDF / Michael Marhoffer
Einer der zahlreichen Gegensätze: Laim (Max Simonischek), der dunkle Ritter, und sein Partner Simhandl (Gerhard Wittmann)

Das Drehbuch stammt von Reihenschöpfer Christoph Darnstädt, „Laim und die Toten ohne Hosen“ ist sein vierter Beitrag zu der nunmehr siebenteiligen Reihe. Der Film beginnt mit einem Unfall: Eine junge Frau kommt mit ihrem Auto nachts bei Regen von der Landstraße ab, der Wagen kracht gegen einen Baum. Es folgt ein kräftiger Kontrapunkt: Eine Reinigungskraft schiebt in einem durch knallrotes Licht illuminiertem Flur singend ihre Putzmaschine vor sich her, während sich hinter einer Tür ein Mann und eine Frau einen heftigen Schlagabtausch liefern. Er ist der Verlagschef, sie ist die leitende Lektorin (Katja Bürkle) und kritisiert seine Philosophie. Am nächsten Morgen wird der Mann tot in der Gondel eines Riesenrads gefunden, ohne Hose, aber mit zweckentfremdeter Krawatte: Der Verleger ist stranguliert worden. Kurz vor seinem Tod hat er eine SMS seiner Ex-Frau erhalten, und nun wandelt sich die Geschichte zu einem Katz-und-Maus-Spiel im besten „Basic Instinct“-Stil.

Von entsprechender Bedeutung war die Besetzung der Kontrahentin, zumal Nina Schott (Ursina Lardi) in vielerlei Hinsicht das Gegenstück zum düsteren Laim ist. Die Schriftstellerin hat einen feministischen Bestseller geschrieben und kürt in ihrem Blog regelmäßig prominente „Sexisten der Woche“. Zuletzt ist diese zweifelhafte Ehre ihrem Ex-Mann widerfahren, zuvor einem erfolgreichen Fernsehproduzenten. Auch der wird tot und ohne Hose gefunden. Laims Vorgesetzter (Heinz-Josef Braun) mutmaßt, eine Männerhasserin sei dabei, Schotts Liste abzuarbeiten; eine Mail an die Autorin, unterzeichnet mit „Pandora“, scheint dies zu bestätigen. Laims Partner Simhandl (Gerhard Wittmann) glaubt allerdings, Schott selbst sei für die Morde verantwortlich, was zu einem handfesten Krach zwischen den beiden Ermittlern führt; dabei gilt Simhandls Sorge durchaus auch dem Kollegen.

Laim und die Toten ohne HosenFoto: ZDF / Michael Marhoffer
Und noch ein schöner Kontrast (zum Man in Black): Ursina Lardi als die Frau in (Creme-)Weiß in „Laim und die Toten ohne Hosen“

Soundtrack:
Placebo („Running Up That Hill“), Gloria Lynne (“Speaking of Happiness”)

Wie die gesamte Reihe beeindruckt auch „Laim und die Toten ohne Hosen“ durch eine hochwertige Anmutung. Das Duo Michael Schneider (Regie) und Andreas Zickgraf (Kamera) hat sämtliche Episoden gemeinsam gestaltet, Michael Leupolz hat erneut eine vortreffliche abwechslungsreiche Musik beigesteuert. Besonders reizvoll sind die Gegensätze. Das gilt optisch – der ganz in Schwarz gekleidete Laim im gleißend weißen Konferenzraum des Verlags –, aber vor allem für die beiden Hauptfiguren, zumal die Autorin neben dem hünenhaften Kommissar, dessen Körpergröße in den gemeinsamen Szenen durch eine extreme Untersicht betont wird, sehr fragil wirkt. Das ist sie jedoch ganz und gar nicht, zumal er ihren unverhohlenen Avancen nicht viel entgegenzusetzen hat. Beide eint nicht nur die Bewunderung für Nikolaos Gyzis’ Psyche-Gemälde „Die Seele des Künstlers“, sondern auch eine tiefe Traurigkeit: Schotts Tochter liegt seit dem Unfall, mit dem der Film beginnt, im Koma, und wenn sich Laim in seiner sündhaft teuren Wohnung über den Dächern der Stadt nicht gerade mit einer seiner vielen Bekanntschaften vergnügt, füllt er die Leere seines Daseins mit Alkohol. Stärker noch als in den früheren Filmen wirkt der Polizist mit seinen wirr ins Gesicht hängenden Haarfransen wie eine tragische Stummfilmfigur; am Ende wird er tatsächlich zu seinem eigenen Wiedergänger. Umso wichtiger erweist sich einmal mehr Gerhard Wittmann, dessen Rolle als vermeintlicher Laufbursche leicht zu unterschätzen ist. Simhandls Gleichmut, sein Humor und vor allem seine Loyalität bereiten die Bühne, auf der Simonischek seinen Dunklen Ritter entfalten kann. (Text-Stand: 15.8.2024)

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Reihe

ZDF

Mit Max Simonischek, Ursina Lardi, Gerhard Wittmann, Katja Bürkle, Maximilian Krappatsch, Heinz-Josef Braun, Anna Graenzer, Lea Reinberger, Sebastian Feicht, Pascal Breuer

Kamera: Andreas Zickgraf

Szenenbild: Michaela Weniger

Kostüm: Andrea Spanier

Schnitt: Jörg Kroschel

Musik: Dirk Leupolz

Redaktion: Daniel Blum

Produktionsfirma: Network Movie

Produktion: Bettina Wente, Wolfgang Cimera

Drehbuch: Christoph Darnstädt

Regie: Michael Schneider

Quote: 5,56 Mio. Zuschauer (22,6% MA)

EA: 14.09.2024 10:00 Uhr | ZDF-Mediathek

weitere EA: 23.09.2024 20:15 Uhr | ZDF

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