Kubanisch für Fortgeschrittene

Speidel, Sattmann, Dohm, Vester, Ochsenknecht. Belangloses TV für ältere Semester

Foto: ZDF / Sven Creutzmann
Foto Tilmann P. Gangloff

Der Titel “Kubanisch für Fortgeschrittene” klingt wie die Fortsetzung der Romanze „Eine Liebe in Kuba“, hat inhaltlich mit diesem acht Jahre alten Degeto-Film allerdings nichts gemeinsam. Trotzdem ist das Drama Fernsehen von gestern: Die Geschichte diverserer älterer Herrschaften, deren Lebenswege sich in einer Pension in der Nähe von Havanna kreuzen, ist allzu gemütliche Sonntagsunterhaltung in telegenen Bildern und angemessenem Score.

Vor einigen Jahren hat die ARD-Tochter Degeto Erol Sander nach Kuba geschickt, damit er dort als Bankangestellter eine Romanze mit einer Einheimischen erlebt. Der Film hieß dann auch treffend „Eine Liebe in Kuba“ (2007). Gut, dass die ARD die Geschichte damals nicht „Kubanisch für Anfänger“ genannt hat. Das hätte zwar ebenfalls selbstredend gepasst, aber womöglich zu einer hübschen kleinen Verwirrung geführt: weil die Fortsetzung, die folgerichtig „Kubanisch für Fortgeschrittene“ heißt, nun im ZDF läuft. Das stimmt zwar nicht, denn nicht nur die Figuren, sondern auch das Personal vor wie hinter der Kamera gänzlich sind andere; aber die Machart ist die gleiche. Wäre das „Herzkino“-Dramolett eine Degeto-Produktion, müsste man einen Rückfall in schlechte alte Zeiten konstatieren. Tatsächlich wirkt der Film, als wolle das ZDF den von der neuen Ausrichtung des ARD- Freitagsfilms enttäuschten Zuschauern überdeutlich signalisieren, dass man im „Zweiten“ nach wie vor ein Herz für das Fernsehen von gestern hat: Abgesehen vom fortgeschrittenen Alter der Hauptdarsteller könnte es sich auch um eine Produktion aus dem Jahr 2005 handeln.

Nach dem Konzept exotischer Reihen wie „Traumhotel“ oder „Klinik unter Palmen“ kombiniert das Drehbuch (Susanne Beck, Thomas Eifler) gleich eine ganze Reihe von Schicksalen. Unabhängig voneinander kreuzen sich die Lebenswege von fünf Deutschen in einer Pension auf Kuba: Der Arzt Georg (Uwe Ochsenknecht) hat kürzlich erfahren, dass er einen Hirntumor hat und kaum Aussicht auf Heilung besteht; Schulrektorin Margot (Gaby Dohm) ist gerade in den Ruhestand getreten, fühlt sich nun überflüssig, hat aber mit Hilfe einer kleinen Altersschwindelei ein Volontariat an einer kubanischen Schule bekommen und will dort preußische Disziplin einführen; Friseurin Rena (Saskia Vester) sucht schon seit Jahrzehnten nach dem Mann fürs Leben und ist überzeugt, ihn in Georg gefunden zu haben. Das Ehepaar Ines und Richard (Jutta Speidel, Peter Sattmann) schließlich holt drei Jahrzehnte nach der Hochzeit die Flitterwochen nach, doch über dem Urlaub liegt ein düsterer Schatten: Vor einem Jahr ist ihr Sohn bei einem Motorradunfall gestorben. Vor allem Ines ist darüber nicht hinweggekommen. Allerdings hütet sie auch ein düsteres Geheimnis, über das sie dringend mit ihrem Mann reden müsste, doch sie fürchtet, dass er sie dann verlassen werde.

Kubanisch für FortgeschritteneFoto: ZDF / Sven Creutzmann
Gemütlich & gediegen. Eine Havanna für eine Anfängerin. Opa Jesus (Alden Knight) und Margot (Gaby Dohm)

Wie in einer Soap verknüpft der Film diese verschiedenen Ebenen zu einem unaufgeregten Handlungsfluss, der selbstredend durch pittoreske einheimische Impressionen ergänzt wird; neben Sonne, Strand, Meer und Palmen sorgen Ausflüge nach Havanna für viel Lokalkolorit. Dramaturgische Spannung kommt dabei allerdings kaum auf. Eine gewisse Neugier schürt allein die Frage, welche Schuld Ines auf sich geladen hat. Die sich anbahnende Romanze zwischen Georg und Rena ist dagegen eher unglaubwürdig, weil Saskia Vester die Quasselstrippe als vermeintlich sympathische Nervensäge verkörpern muss; „Paraderolle“ wäre in diesem Fall ein vergiftetes Kompliment. Während alle anderen deutschen Darsteller mit routinierter Hingabe in ihren Rollen aufgehen, agiert Uwe Ochsenknecht angenehm sparsam. Er verkörpert den kranken Georg als in sich gekehrten Mann, der die aufdringliche Rena regelmäßig mit knochentrockenen Sarkasmen auflaufen lässt. Als sich die Friseurin anlässlich seines Geburtstags zu den Klängen von Joe Cockers „You Can leave Your Hat On“ ihrer Kleidung entledigen will, kann er ihr zum Glück noch rechtzeitig Einhalt gebieten. Mit dem Leben hat er allerdings noch nicht vollends abgeschlossen: Eine Aufgabe gilt es noch zu erledigen, bevor er endgültig einen Schlussstrich zieht.

Damit die Einheimischen nicht bloß schmückende Komparserie sind, gibt es einen Nebenstrang mit der schönen jungen Schulleiterin Shari (Saray Vargas Morales), deren Freund nach Miami ausgewandert ist. Ein Kollege (Fernando Spengler) empfindet viel mehr für sie als der Schnösel, der auch kurz vorbeischaut, ist aber zu schüchtern, um ihr seine Liebe zu gestehen. Außerdem hat Shari derzeit ganz andere Sorgen, denn die Schule, eine bessere Hütte am Strand, ist abgebrannt, und die dominante Margot ist drauf und dran, die Leitung an sich zu reißen. Die Musik, eine Mischung aus Santana und Buena Vista Social Club (Warner Poland, Wolfgang Glum), ist immerhin hörenswert, und die Bilder (Sven Kirsten) sind schön anzuschauen. Aber das Tempo des Films ist so gemächlich wie die wunderbaren alten Straßenkreuzer, die ständig stehen bleiben (Regie: Dennis Satin). „Kubanisch für Fortgeschrittene“ ist ebenso gemütliches wie belangloses Fernsehen für ältere Semester, denen zeitgemäße Filme viel zu flott erzählt sind. Dass sämtliche Kubaner fließend deutsch sprechen, versteht sich bei Produktionen dieser Art von selbst. (Text-Stand: 29.11.2015)

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Jutta Speidel, Peter Sattmann, Gaby Dohm, Saskia Vester, Uwe Ochsenknecht, Saray Vargas Morales, Mayra Isabel Mazorra Perez, Fernando Spengler, Charles Alden Knight James, Siegfried Terpoorten

Kamera: Sven Kirsten

Szenenbild: Aramis Balebona Recio

Schnitt: Biljana Grafwallner

Musik: Warner Poland, Wolfgang Glum

Soundtrack: Joe Cocker („You Can leave Your Hat On“)

Produktionsfirma: ndF

Drehbuch: Susanne Beck, Thomas Eifler

Regie: Dennis Satin

Quote: 5,09 Mio. Zuschauer (14,1% MA)

EA: 13.12.2015 20:15 Uhr | ZDF

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