In der neuen Episode von „Kommissarin Lucas“ gibt es zu Beginn nicht die obligatorische Leiche mit anschließender Mördersuche. Erst in allerletzter Minute wird ein Mordopfer nachgeliefert. Es geht vielmehr um brutale Misshandlung, Freiheitsberaubung und Vergewaltigung. Und doch ist der Tod allgegenwärtig in dem Film von Christiane Balthasar. Gleich in den ersten Minuten tauschen sich Lucas und ihr Kollege Stefan über das Thema Beerdigungen aus. „Ich lade Sie zu meiner ein“, witzelt der junge Kommissar. Sekunden später sticht ihn ein Mann nieder. Er hält den Kripobeamten für einen „Mörder“, weil er seinen kriminellen Sohn erschossen hat. Kurz darauf nimmt sich der Messerstecher das Leben.
Ungewöhnlich geht es weiter. Freudestrahlend stellt Rike Lucas der Schwester ihren neuen Freund vor. Ein sympathischer junger Mann, denkt die Kommissarin, bevor sie erfährt, dass jener Robert Jandt ein rechtmäßig verurteilter Gewaltverbrecher ist. Er hat seine frühere Freundin eine Woche lang in einem Keller eingesperrt, gefoltert und vergewaltigt. Er ist gerade erst entlassen worden. Und nun teilt er das Bett mit der Schwester der Regensburger Kripochefin. Als wenige Stunden später die Tochter eines Ex-Polizisten vermisst wird, ist für alle der Fall klar. Denn Robert Jandt hat für die Tatzeit kein Alibi und die verschwundene Frau hat ihn einst ins Gefängnis gebracht. Der Verdacht erhärtet sich, als die Vermisste, schwer misshandelt und vergewaltigt, aus der Donau gefischt wird. Noch ist sie nicht vernehmungsfähig. Derweil flüchtet der Tatverdächtige aus der U-Haft mit Rike als Geisel.
Brutale Gewalt gegen Frauen, eine männliche Testosteron-Bombe, die urplötzlich Rot sieht – das ist nur vordergründig das Thema von „Wut im Bauch“. Für Regisseurin Balthasar stellt der Film eher die Frage: „Wann ist Schuld abgegolten, oder gibt es Schuld, die die Zeit überdauert?“ Das Drehbuch von Thomas Berger thematisiere, „in wiefern ein Mensch in der Lage ist, sich selbst zu rehabilitieren, und wie die Gesellschaft damit umgeht“. Dass bei der Bewertung immer persönliche Betroffenheit eine Rolle spielt, zeigt der Film fast ein bisschen zu deutlich. Da ist zu Beginn der Vater, der Rache nimmt an dem Beamten, der seinen verbrecherischen Sohn tötete. Da ist der Ex-Polizist, der um das Leben einer Tochter bangt und einen unbändigen Hass hat auf den vermeintlichen Täter. Und da ist Kommissarin Lucas, die unterschwellig an die Unschuld des „Freundes“ ihrer Schwester glaubt – zumindest so lange er keine Gefahr darstellen kann. Als er aber ausbricht und Rike mit der Pistole bedroht, da zuckt es dann selbst der sonst so coolen Kripobeamtin im Finger.
Für Anke Engelke ist es das dritte Mal, dass sie als Schwester von Ellen Lucas an der Seite von Ulrike Kriener agiert. Es ist ihr bisher schwerster Part. Bislang war sie vor allem dazu da, der strengen Schwester mit ihrer Lebenslust die Leviten zu lesen, sie emotional zu öffnen, sie nachdenklich und auch ein bisschen eifersüchtig zu machen. In „Wut im Bauch“ werden privater und kriminalistischer Strang eng miteinander verknüpft. „Das gab uns die Möglichkeit, mehr über die beiden Schwestern zu erzählen“, so Balthasar. „Die Lucas wirkt dieses Mal sehr viel weicher als sonst.“ Und Rike alias Engelke vergeht die gute Laune.