Kommissarin Lucas – Löwenherz

Kriener, Heinze, Lacher, Kirchberger, Ralf Huettner. Ein mäßiger Regensburg-Krimi

Foto: ZDF / Barbara Bauriedl
Foto Volker Bergmeister

Der neue „Kommissarin Lucas“-Fall „Löwenherz“ leidet unter einer mühsamen, überaus konstruierten Story. Der Krimi spielt mit Gegenwelten – hier ein Motelbetreiberpaar am Existenzminimum, dort ein geschäftstüchtiger Schönheitschirurg in schmucker Klinik. Das ist bestenfalls routiniert entworfen, der Flow (auch zwischen den Figuren) stimmt nicht, vieles wirkt behauptet, und die Spannung nimmt längere Auszeiten. Auch die Ermittler-Ebene, ein miesepetriges Gezicke & Gezanke, funktioniert nicht so überzeugend wie gewohnt.

Eine Frau verbrennt in ihrem Auto in der Nähe eines Motels in Regensburg. Ein Unfall? Kommissarin Ellen Lucas (Ulrike Kriener) glaubt nicht daran. Bald stellt sich heraus, dass das Opfer, Carla Franz (Sonja Kirchberger), noch am Leben war, als der Wagen angezündet wurde. Eine erste Spur führt die Lucas und ihr Team in die Klinik des Schönheitschirurgen Dr. Alexander Krayenberg (Thomas Heinze). Dort hat die Frau regelmäßig ästhetische Eingriffe durchführen lassen. Und dort arbeitet auch ihr Mann Holger (Thomas Limpinsel), der sich geschockt zeigt. Eine weitere Spur führt zu dem Motel nahe des Fundortes, das von der Familie Pröll betrieben wird. Hier hatte sich das Opfer eingemietet, und hier verliert sich seine Spur. Marc Pröll (Shenja Lacher) kümmern sich löwenherzzerreißend um seinen Bruder Theo (Jonas Sippel), der mit Trisomie 21 auf die Welt kam. Es ist aktenkundig, dass er Frauen bedrängt hat. Und schließlich stellt sich heraus, dass er in Besitz des Handys der Toten ist. Für Ellen Lucas und ihre Mitstreiter Tom Brauer (Lasse Myhr) & Judith Marlow (Jördis Richter) stellt sich vor allem die Frage: Wie kam Carla von der Pension zum Fundort?

Kommissarin Lucas – LöwenherzFoto: ZDF / Barbara Bauriedl
Gute Schauspieler wie Ulrike Kriener & Shenja Lacher lassen den Plot von „Löwenherz“ besonders alt aussehen.

Es sind zwei ungleiche Welten, in denen die Autoren Stefan Dähnert und Markus Ziegler ihren Krimi angesiedelt haben und in denen Ellen Lucas in ihrem 26. Fall ermitteln muss. Hier die Familie Pröll, sie lebt am Existenzminimum, kommt mit ihrem Motel gerade so über die Runden, und ein Kind ist auch unterwegs. Dort die Klinik des Chirurgen Krayenberg, der über die Legalität hinaus geschäftstüchtig ist, billige Gastoperateure für sich arbeiten lässt und die schönen Dinge des Lebens liebt. Aus dieser Konstellation soll sich das Spannungsverhältnis entwickeln. Doch das geht nur selten auf. Dähnert, „Tatort“-Krimi-erprobt und auch sonst ein erfahrener Schreiber („Das Ende der Geduld“) und sein Kollege Ziegler, der früher als Kameramann gearbeitet hat und erst an einem Langfilm („Schwarzer Panther“) als Co-Autor mitgewirkt hat, entwerfen für die erfolgreiche ZDF-Krimireihe einen reichlich konstruierten und stellenweise sehr mühsam zu verfolgenden Fall. Vor allem die Klinikwelt funktioniert nicht, und auch die Figur des Krayenberg (Thomas Heinze spielt ihn routiniert) bleibt blass. So rückt die Welt der Prölls in den Mittelpunkt. Doch die bleibt sprunghaft bis undurchsichtig, auch wenn Shenja Lacher eindrucksvoll beweist, was er aus einer Rolle herausholen kann.

Die Inszenierung von Ralf Huettner ist gefällig, er weiß Schauplätze wie das Motel oder den Fundort der Leiche durchaus effektvoll in Szene zu setzen. Doch die Story schleppt sich, ist psychologisch wenig ausgefeilt und die Spannung nimmt des Öfteren Auszeiten. Am Ende ist man wenig überrascht und eher enttäuscht über die Auflösung. Sonja Kirchberger, um die es in den letzten Jahren – abgesehen von ihrem Einsatz in „Let‘s Dance“ merklich ruhig geworden ist – gibt in wenigen Szenen diese Carla, die viele offenbar nicht allzu sehr mochten. Und was ist mit der Ermittlerebene? Auch die ist dramaturgisch alles andere als stimmig: Die Miesepetrigkeit der Lucas nervt gehörig; man fragt sich, weshalb sie so agiert? Und auch, warum die junge Kollegin Judith Marlow ihre bevorzugte Zielscheibe ist. Dazu muss man wissen, dass beide im letzten Fall mit dem Titel „Familiengeheimnis“ aneinander geraten sind. Doch darauf wird kaum eingegangen. So wird viel behauptet, wenig erklärt.
Was bleibt? Ein ansehnlicher Auftritt des jungen Brandenburger Schauspielers Jonas Sippel. Er lebt mit Trisomie 21, steht seit Jahren auf der Theaterbühne und spielt hier seine erste Hauptrolle. Und die schon traditionelle kleine persönliche Begleitgeschichte der Lucas und ihres Vermieters Max (Tilo Prückner). Der ist hinter einem Störenfried auf dem Dachboden seines Hauses her – mit leckerem Köder und bösen Fallen. Und er sagt den schönsten Satz in diesem Krimi: „Ich jage Marder und sie Mörder, Frau Lucas“. (Text-Stand: 17.8.2017)

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Reihe

ZDF

Mit Ulrike Kriener, Michael Roll, Lasse Myhr, Jördis Richter, Thomas Heinze, Shenja Lacher, Thomas Limpinsel, Jonas Sippel, Magdalena Boczarska, Anton Figl, Karolina Horster, Sonja Kirchberger, Katja Brenner, Tilo Prückner

Kamera: Thorsten Harms

Szenenbild: Gabi Pohl

Schnitt: Zaz Montana

Musik: Ralf Hildenbeutel, Stevie B-Zet

Produktionsfirma: Olga Film

Drehbuch: Stefan Dähnert, Markus Ziegler

Regie: Ralf Huettner

Quote: 5,87 Mio. Zuschauer (19,5% MA); Wh. (2020): 3,82 Mio. (17,1% MA)

EA: 09.09.2017 20:15 Uhr | ZDF

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