Kommissarin Lucas – Das Verhör

Kriener, Harloff, Auer, Jeltsch, Berger. Jakob von Metzlers Entführung stand Pate

Foto: ZDF / Thomas Schumann
Foto Tilmann P. Gangloff

Ein Junge ist entführt worden. Der mutmaßliche Täter ist alsbald gefasst, doch er treibt ein Spiel mit der Regensburger Polizei, für die der Fall ein Wettlauf gegen die Zeit wird. Die Parallelen zur Entführung Jakob von Metzlers und das Abwägen zwischen Opfer- und Täterschutz sind offensichtlich. Auch filmische Vorbilder hat „Das Verhör“, die bislang beste Episode aus der ZDF-Krimi-Reihe „Kommissarin Lucas“. Diese reichen zurück bis zu Claude Millers Kammerspiel-Klassiker gleichen Titels.

Ein Junge ist entführt worden. Der mutmaßliche Täter ist alsbald gefasst, versteckt sich aber hinter einem unbekannten Auftraggeber. Er gibt sich zwar kooperativ, doch das ist nichts als Show. Während Kommissarin Lucas verzweifelt nach Hinweisen auf das Versteck des Jungen sucht, verrinnt die Zeit unaufhaltsam. Die Kollegen sind längst bereit, dem Entführer Gewalt anzutun. Sie locken die Ermittlerin unter einem Vorwand aus dem Präsidium und drohen dem Entführer „unerträgliche Schmerzen“ an.

Der Fall hat Vorbilder. Die Parallelen zur Entführung Jakob von Metzlers sind offensichtlich, ebenso naturgemäß jene zu dem kürzlich in der ARD gezeigten Film „Eine Frage des Gewissens“, denn auch der ist durch die Frankfurter Folterdrohung inspiriert worden. Thomas Berger, der das Drehbuch gemeinsam mit Christian Jeltsch schrieb und den Film inszenierte, hat sich jedoch unübersehbar an einer ganz anderen Vorlage orientiert. Der Titel des vierten Falls für Kommissarin Lucas ist daher gleichzeitig Hommage wie Herausforderung: Claude Millers Krimi „Das Verhör“ (1981) mit Lino Ventura und Michel Serrault ist ein Meisterwerk der Kammerspielkunst. Wie gut der Klassiker ist, zeigte sich, als Hollywood die Geschichte vom Psychoduell zwischen Kommissar und Verdächtigem 20 Jahre später wiederverfilmte, mit Freeman und Hackman („Under Suspicion: Mörderisches Spiel“).

Die Geschichten unterscheiden sich, und die Darsteller miteinander zu vergleichen, wäre ohnehin nicht fair: Fernsehen ist nun einmal nicht Kino. Doch an Intensität braucht sich Bergers TV-Inszenierung hinter Millers Film nicht zu verstecken. Das wiederum ist nicht bloß eine Frage der Bildgestaltung (Kamera: Torsten Breuer): Ulrike Kriener gelingt in den dramatischen Verhörszenen ein eindrucksvoller Balance-Akt. Natürlich ist auch Ellen Lucas, zudem frisch verwitwet, hin- und hergerissen zwischen Opferschutz und Täterschutz. Berger spitzt diesen Konflikt sogar noch zu, denn der Film beginnt mit einer Geiselnahme in einer Bank: Der Täter droht, Lucas’ Vermieter (Tilo Prückner) zu ermorden; die Kommissarin erschießt den Mann – Opferschutz vor Täterschutz. Aber hat nicht auch der entführte Junge das Recht zu überleben? Selbst die Psychologin empfiehlt, Gewalt anzuwenden.

Diverse prominent besetzten Seitenstränge, die aber immer wieder zur Haupthandlung zurückführen, verleihen der eigentlichen einfachen Geschichte eine enorme Komplexität. Mit wenigen Strichen skizziert Berger beispielsweise das Bild einer Unternehmer-Ehe. Das Paar (Barbara Auer, August Zirner) kommt ins Spiel, weil es der Entführer (Marek Herloff) eigentlich auf ihren Sohn abgesehen hatte, dann aber den falschen Jungen erwischte. Nicht minder namhaft sind die Darsteller von Lucas’ Kollegen (Thure Riefenstein, Michael Roll); die Mutter des verschwundenen Kindes spielt Lisa Martinek.

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Reihe

ZDF

Mit Ulrike Kriener, Thure Riefenstein, Michael Roll, Tamara Simunovic, Alexander Lutz, Tilo Prückner, Marek Harloff, Hayo Bertram, Jonas Lovis Kemmler, August Zirner, Barbara Auer, Lisa Martinek, Anna Schudt

Kamera: Torsten Breuer

Szenenbild: Peter Robert Schwab

Produktionsfirma: Olga Film

Drehbuch: Christian Jeltsch, Jochen Brunow, Thomas Berger

Regie: Thomas Berger

EA: 22.04.2006 20:15 Uhr | ZDF

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