Anna Wilcox sprüht vor Tatendrang und Ideen. Die erste Denkmalschutzbeauftragte des Städtchens Redrock im New Yorker Hudson Valley bekommt gleich am ersten Tag ihres Amtsantritts einen Dämpfer: der wunderschöne Leuchtturm soll gesprengt werden. Eine Abrissgenehmigung wurde bereits erteilt. „Wenn man etwas erreichen will, muss man manchmal auch streiten“, sagt Tante Mona, ihres Amts Richterin. Sie hat offenbar daran mitgewirkt, dass Anna diese Anstellung bekommen hat. Sehr viel unmoralischer zieht Max Gordon, Chef der Baufirma, die auf dem Grund des Leuchtturms einen Freizeitpark bauen möchte, im Hintergrund die Fäden. Er schickt Rob Hunter nach Redrock, um die Sprengung zu forcieren. Dass der dort seinen Vater trifft, den ehemaligen Leuchtturmwärter, zu dem der Mann aus New York City seit über 35 Jahren keinen Kontakt mehr hat, kann kein Zufall sein!
Foto: ZDF / Felix Cramer
Alte Gefühlswelten mit neuem Lebensstil zu versöhnen, pragmatische mit romantischer Weltsicht kurzzuschließen – das versuchen die nach USA verlegten Geschichten der britischen Autorin Katie Fforde. TV-Romanzen für den ZDF-Sonntag daraus zu machen, gelingt den Machern zunehmend besser. Der TV-Movie-erfahrene Timo Berndt zeigt auch in seiner zweiten Drehbucharbeit für diese Reihe, dass er ein größeres Dramaturgie-Verständnis besitzt als andere Autoren, die für ARD und ZDF oft viel zu umständlich und buchstabengetreu frauenaffine Unterhaltungsliteratur adaptieren. „Leuchtturm mit Aussicht“ erzählt anfangs eine David-gegen-Goliath-Geschichte, die auf dem Weg zum amourösen Happy-End zu erwartende neue Koalitionen bildet. Alles bleibt trotz Intrigen überschaubar und linear erzählt. Es gibt wenig Überraschungen, aber auch keine Langeweile. Denn zum einen erzählt der Film nicht nur die bewährte Romanze mit Hindernissen, sondern er lässt auch die männlichen Hauptfiguren, Vater und Sohn, emotionale Wechselbäder nehmen (sicher zum Vergnügen der weiblichen Zielgruppe!). Zum anderen besitzt die Inszenierung von Routinier John Delbridge eine ungewöhnlich frische Anmutung: zwischen Entspannung und Bewegung findet „Leuchtturm mit Aussicht“ eine Art Wohlfühl-Rhythmus, getragen von Felix Cramers sehr beweglicher Kamera, die sich nicht vor Nähe scheut, die klug Räume öffnet und wunderbare Melodram-Tableaux etabliert, einer soliden Montage, einer Landschaft, die etwas natürlich Maritimes mitbringt und die Gefühlslagen nur selten doppelt, sondern vornehmlich spiegelt.
Abwechslung – fürs Auge – bringen die Trips nach New York City. Richtig atmosphärisch wird es sogar – wenn beispielsweise eines Nachts der alte, kranke Leuchtturmwärter, dezent verschroben und hinfällig gespielt von Rolf Becker, mit seiner Klarinette den Mond anspielt. Oder wenn das Paar, das noch nichts von seiner Liebe weiß, sich alte Super-8-Familienfilme auf einem Laken im Garten anschaut. Und der Wind singt ein Lied dazu. Nicht so schön wie bei Douglas Sirk. Aber immerhin. Auch Luise Bähr als Gefühlsstifterin und Patrik Fichte als doppelt emotional bewegter Mann geben ein stimmiges Paar ab. Vor allem die Hauptdarstellerin mit ihrer „Drei-Engel-für-Charly“-Föhnwelle und ihrer all-american-girl-Ausstrahlung ist eine gute Besetzung. Sicher, es bleibt Luft nach oben. Aber immerhin…