Dieser verdammte Ruhestand! Claire und Bernhard stecken in der Zwickmühle. Noch immer geschieden, wollen sie es ein zweites Mal miteinander versuchen – die Abmachung, die Arbeit künftig andere machen zu lassen, inklusive. Beide wollen diese letzte Chance auf ein gemeinsames Liebesglück nicht aufs Spiel setzen, aber andererseits genießen es beide, gefragt zu sein: er als graue Eminenz seiner Flugzeugfirma, sie als Expertin in Umweltfragen. Doch Claire und Bernhard reden nicht darüber. Heimlich macht jeder sein Ding, lächelt über die offensichtlichen Ungereimtheiten hinweg, bis es ernst wird: Claire bekommt ein lukratives Angebot aus der Politik und Bernhard muss mit seinem Nachfolger die Kuh vom Firmen-Eis holen. Dass sie ihren potenziellen Chef „Anton“ nennt und er mit einer attraktiven Frau, der neuen Ingenieurin, offenbar in einem Nobelhotel abgestiegen ist, macht den Beziehungsstress nicht geringer. Gut, dass wenigstens Tochter Sophie dem Workaholic-Dasein abgeschworen hat und sich in südlichen Gefilden flitternd dem süßen Nichtstun hingibt. Doch ist das so?
Arbeit ist das halbe Leben. Von wegen. Das wiedervereinte Paar in „Just Married – Hochzeiten zwei“ lebte bislang Beruf und Freizeit eher in einem Verhältnis von 80 zu 20 Prozent. Diese Relation auf null Prozent Arbeit herunterzufahren, war von vornherein völlig unrealistisch. Diese menschliche Unlogik, eine Mischung aus Glaube, Liebe, Hoffnung, und die Art und Weise, wie man mit ihr umgeht, ohne das Problem anzusprechen, ist Grundlage für Nikolai Müllerschöns Fortsetzung der TV-Komödie „Hochzeiten“. Orientierte sich der Auftaktfilm eher an den Mustern der Remarriage Comedy, dringt Teil 2 stärker in den Beziehungsalltag erwachsener Menschen ein und in die Liebesmythen, denen man selbst noch im Alter erliegt.
Foto: Degeto / Erika Hauri
Mensch zeigt, wozu er in der Lage ist: Schwindeln, Lügen, Doppelspiel. Weil jeder heimlich sein Ding macht, entfremdet sich das reife Paar zusehends, hinzu kommen die zwei verhängnisvollen, missverständlichen Situationen, die sich beim Gegenüber ins Auge einfressen: Bernhard mit der Schönen vorm Hotel, Claire im geplatzten Kleid mit dem Herrn Minister im Hotelzimmer. So kommt es erst spät zum klärenden Gespräch: eines Abends hängen sie im Fahrstuhl ihres sprechenden HighTec-Hauses („Guten Abend, Bernhard und Claire“) fest und müssen erkennen: „Wir haben uns verbogen“. Das jüngere Paar in den Flitterwochen kann sich nicht so einfach aus dem Weg gehen. Und so ziehen die beiden irgendwann ernüchtert Bilanz ihres Ehe-Projekts. Sie: „Wir haben es versucht… und jetzt?“ Er: „Wir lieben uns weiter, was sonst.“ Sie: „Getrennt.“ Er: „Zusammen geht’s nicht.“ Ein Stück umgekehrte Liebespoesie, Lisa Martinek und Fritz Karl eingetaucht in ein wunderschönes Kitsch-Bild, nostalgisch die Röte des Rots von Technicolor imitierend.
Am Ende ist man schlauer. Auch der Zuschauer. Was zunächst ein bisschen dahinplätschert und mit viel Design und dem Look der neuen Kommunikationsmedien von Müllerschön und Kameramann Bernd Neubauer optisch hübsch aufgepeppt wird, gewinnt auch später dramaturgisch wenig an Zug, dann aber hat man sich eingesehen in diesen Film, der sich eher aus dem Alltagsrhythmus speist, als sich einer klaren Komödienstruktur hinzugeben. Das hat den Nachteil des Ziellosen, aber auch den Vorteil, dass nicht immer alles auf Tempo und schnelle Pointe gestrickt werden muss. So eine Abfolge an sich gemächlich zuspitzender Situationen (ganz so wie im Leben) kann man sich leisten, wenn man die richtigen Menschendarsteller dafür hat: Senta Berger, Friedrich von Thun, Lisa Martinek, Fritz Karl sowie Bibiana Zeller und Heinz Baumann als sich spät zu einem kurzen Glück vereinendes Je-oller-desto-doller-Pärchen sind die Richtigen. Ihnen nimmt man die Moral von dieser Geschichte gerne ab: die Schwierigkeiten, sich zu ändern, die Unmöglichkeit, für die Beziehung ständig über den eigenen Schatten zu springen. „Wir sind, wer wir sind.“