Inga Lindström – Rosenblüten im Sand

Nadine Menz, Gorski, Padotzke, Sadlo, Serafini. Alte Schuld und neues Glück

Foto: ZDF / Ralf Wilschewski
Foto Tilmann P. Gangloff

In den meisten Romanzen erkennen die Liebenden spätestens auf den zweiten Blick, dass sie füreinander bestimmt sind. Bevor es zum Happy End kommt, müssen sie jedoch noch eine Herausforderung meistern: In „Rosenblüten im Sand“ aus der ZDF-Reihe „Inga Lindström“ (Bavaria Fiction) stellt sich heraus, dass Krankenschwester Catrine und Trompeter Pelle durch ein traumatisches Kindheitserlebnis miteinander verbunden sind. Ansonsten folgt die von Marco Serafini routiniert umgesetzte Geschichte von Lindström-Schöpferin Christiane Sadlo dem bewährten „Herzkino“-Prinzip „Eine Frau zwischen zwei Männern“. Aus der Riege des sehenswerten Ensembles ragt diesmal neben Hauptdarstellerin Nadine Menz vor allem das männliche Pendant heraus: Stefan Gorski empfiehlt sich für höhere Aufgaben.

Manchmal genügt ein unbedachter Moment, um ein ganzes Leben zu ändern: einmal kurz nicht aufgepasst, und es liegt für immer ein Schatten über dem Dasein. Das kann Catrine allerdings nicht ahnen, als sie sich bei einem Ausflug ans Meer in den Trompeter Pelle verliebt: Die beiden jungen Leute verbindet ein traumatisches Kindheitserlebnis. Dass ein offenkundig füreinander geschaffenes Paar erst eine große Herausforderung bestehen muss, gehört zum Baukasten jeder Romanze. In Komödien sind dies gern soziale oder kulturelle Unterschiede, in Dramen ist es eine Lüge oder ein düsterer Vorfall in der Vergangenheit. Aus der Frage, welcher Graben Catrine und Pelle trennt, bezieht „Rosenblüten im Sand“ seine Spannung: Was hat sich denn überhaupt damals, vor zwanzig Jahren, ereignet?

Zunächst folgt die „Inga Lindström“-Episode, die zur Abwechslung mal wieder von Reihen-Schöpferin Christiane Sadlo stammt, jedoch einem anderen „Herzkino“-Schema. Die Heldinnen der Reihe stehen oft vor wichtigen Lebensentscheidungen, aber meist kommt dann alles ganz anders: Catrine (Nadine Menz), Krankenschwester aus Stockholm, wird demnächst nach Katmandu aufbrechen, um dort in einer Partnerklinik zu arbeiten. Vorher reist sie mit ihrer Mutter (Susu Padotzke), Besitzerin einer Trompetenmanufaktur, für ein paar Tage ans Meer, weil sie vom Urlaubsort Hillasund geträumt hat. Am Strand trifft sie einen schmucken jungen Mann, der sie sehr direkt und ziemlich unwiderstehlich anflirtet. Als sie entdeckt, dass es sich bei Pelle (Stefan Gorski) um einen begnadeten YouTube-Trompeter handelt, ist es endgültig um sie geschehen, zumal sein Instrument aus der Werkstatt ihres Urgroßvaters stammt; bis Pelle herausfindet, wer die junge Frau, die sich heute Catrine nennt, wirklich ist.

Inga Lindström – Rosenblüten im SandFoto: ZDF / Ralf Wilschewski
Ganz so prüde wie früher kommt das ZDF-„Herzkino“ heute nicht mehr daher. Der Mix aus Romantik, Eskapismus und zunehmend mehr Realismus gelingt in „Rosenblüten im Sand“ auch dank Nadine Menz und Stefan Gorski gut.

Besonders die Dramen des sonntäglichen ZDF-„Herzkino“-Labels zeichnen sich meist durch ihre emotionale Komplexität aus. Auch Sadlo lässt ihre Figuren ein Wechselbad der Gefühle erleben: Die überbehütende Ella hat schon seit längerem eine Beziehung, die sie vor ihrer Tochter geheim hält; zu allem Überfluss wird sie mit Mitte vierzig noch mal schwanger. Pelles verwitweter Vater Tomas (Guido Broscheit) ist sichtbar unglücklich, weil er zum Kummer von Hotelbesitzerin Irene (Jo Kern) ein falsches Leben führt, ebenso wie sein Sohn, der als Geologe im elterlichen Unternehmen arbeitet und die Musik nur als Hobby betrachtet. Catrine wiederum lebt mit dem Arzt Henrik (Jeroen Engelsman) zusammen, dessen Heiratsantrag sie zu Beginn allerdings eher verblüfft als erfreut zur Kenntnis nimmt.

Regie führte Marco Serafini, dessen Filmtitel größtenteils mit den Namen echter oder fiktiver Autorinnen beginnen: Inga Lindström, Rosamunde Pilcher, Barbara Wood, Lilly Schönauer. Der Mann weiß, was Frauen wollen; jedenfalls sonntags im „Zweiten“. Auch „Rosenblüten im Sand“ bietet die „Lindström“-Ingredienzien Sommer, Sonne, Meer. Die Bilder sorgen bei den Außenaufnahmen für eine mediterrane Atmosphäre und innen für viel Behaglichkeit (Kamera: Sebastian Wiegärtner); außerdem gibt es jede Menge Romantik und diesmal sogar ein kleines bisschen Erotik. Die Zielgruppe wird sich zudem über Stefan Gorskis trainierten Oberkörper freuen. Die „Herzkino“-Redaktion hat eine Vielzahl von NachwuchssSchauspielerinnen gefördert, und in der Tat macht auch Nadine Menz ihre Sache sehr gut, aber den nachhaltigeren Eindruck hinterlässt Gorski; dank seiner kraftvollen Stimme auch akustisch. Der Österreicher ist zwar keine Entdeckung im eigentlichen Sinn, zumal er beispielsweise bereits als männliches Pendant zur Titelfigur in dem ARD-Märchenfilm „Helene, die wahre Braut“ (2020) sehr positiv aufgefallen ist, spielt hier aber seine erste Fernsehfilmhauptrolle.

Der Rest des Ensembles ist ähnlich gut besetzt. Jeroen Engelsman hat schon in dem ebenfalls von Serafini inszenierten sympathischen Pilcher-Film „Meine Cousine, die Liebe und ich“ (2019) die dritte Hauptrolle gespielt und auch damals den Kürzeren gezogen, aber das Rennen war im Gegensatz zu vielen anderen „Eine Frau zwischen zwei Männern“-Romanzen lange Zeit offen. Als ähnlich gute Wahl erweist sich Guido Broscheit, der Pelles Vater mit viel Melancholie versieht; der ZDF-„Soko“-Darsteller hat in den „Julia Durant“-Krimis von Sat 1 gezeigt, dass er viel mehr drauf hat, als ihm dort die Rolle als Ermittlerkollege der Titelheldin zu bieten hatte. Und so gibt es unterm Strich bloß zwei Einwände: Die Musik (Alessandro Molinari) trägt einige Male viel zu dick auf, und am Schluss geht dem Film die Zeit aus, weshalb das Happy End etwas holterdiepolter kommt. (Text-Stand: 1.11.2021)

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Reihe

ZDF

Mit Nadine Menz, Stefan Gorski, Susu Padotzke, Guido Broscheit, Jeroen Engelsman, Jo Kern, Nicolas König

Kamera: Sebastian Wiegärtner

Szenenbild: Andrea Lindner

Kostüm: Tanja Wagner

Schnitt: Ilana Goldschmidt

Musik: Alessandro Molinari

Soundtrack: Eric Clapton („Tears In Heaven“), Tokyo Jazz Lounge („Tears In Heaven“)

Redaktion: Alexander S. Tung

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Produktion: Stephan Bechtle

Drehbuch: Christiane Sadlo

Regie: Marco Serafini

Quote: 4,67 Mio. (13,7% MA)

EA: 28.11.2021 20:15 Uhr

Spenden über:

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