Entweder Büro oder Bett, aber beides geht nicht, sagt Lena, und kündigt; nicht ahnend, dass sich die Sache mit dem Bett auch bald erledigt haben wird. Für die junge Heldin des „Inga Lindström“-Films „Hochzeitsfieber“ kommt diese Entwicklung überraschend, für langjährige „Herzkino“-Fans eher nicht: Ihr Freund Sören benimmt sich wie ein Streber und sieht auch so aus; Männer dieses Typs haben im ZDF-Sonntagsfilm meist keine Aussichten auf ein Happy End. Interessant wird die Sache, weil Sörens Gegenspieler auch nicht gerade den Eindruck erweckt, als würde er sich auf der Sonnenseite tummeln, zumal plötzlich noch ein dritter Mann in Lenas Leben tritt; und der sieht nicht nur gut aus, er war zudem ihre erste große Liebe.
Trotz der Variation des beliebten Romanzenmusters „Eine Frau zwischen zwei Männern“ klingt das Kernthema erst einmal nicht sonderlich originell, aber bei den Reihen „Inga Lindström“ und „Rosamunde Pilcher“ macht in der Regel ohnehin erst die Umsetzung die mögliche Qualität der Filme aus; in diesem Fall befand sich beides, Buch und Regie, in einer Hand. Matthias Kiefersauers „Lindström“-Beiträge liegen fast ausnahmslos deutlich über dem Durchschnitt der Reihe und sind zudem stets sehr sympathisch. Anders als einige Kolleginnen und Kollegen, die praktisch nur noch fürs „Herzkino“ arbeiten, dreht der Regisseur neben sehenswerten leichten Filmen wie „Was machen Frauen morgens um halb vier?“ oder „Vier Drillinge sind einer zuviel“ zwischendurch auch mal Krimifolgen („Der Alte“).
Foto: ZDF / Rolf Wischnewski
Soundtrack: Earth, Wind & Fire („In The Stone“), The Four Tops („I Need Your Love”), The Temptations („My Girl”), The Blues Brothers („Peter Gunn Theme”), Gladys Knight & The Pips („Midnight Train To Georgia”), Elvis Presley („Can’t Help Falling In Love”), Tower of Power („You’re so Wonderful, So Marvellous”)
Der Reiz der Geschichte, auch das ein Markenzeichen der besseren „Herzkino“-Produktionen, resultiert nicht zuletzt aus der plausiblen Verknüpfung mehrerer Erzählstränge. Schön anzuschauen sind die Filme ohnehin immer, und meist ist das Ensemble eine gute Mischung aus frischen Gesichtern und erfahrenen Mitwirkenden. Das gilt auch diesmal, zumal Kiefersauer die zentrale Figur mutig einer bislang kaum bekannten Schauspielerin anvertraut hat. Magdalena Höfner beeindruckt in ihrer ersten großen Hauptrolle nicht zuletzt durch die Fähigkeit, innerhalb eines Moments von Liebreiz auf Killerblick umzuschalten. Die Figur bietet ihr allerdings auch jede Menge Spielraum, weil Lena dank der drei gleichfalls treffend besetzten Männer drei verschiedene Beziehungsformen erlebt: unterkühlt und sachlich mit Sören (Philipp Lind), hin und her gerissen mit Jugendliebe Anton (Julian Bloedorn). Der dritte läuft zunächst außer Konkurrenz nebenher, denn Charlie (Jonas Minthe) ist ein Antiromantiker, der der Liebe abgeschworen hat. Das ändert sich, als sie sich durch seine Aversion gegen jede Form von Gefühlsduselei herausgefordert fühlt und ihm „Nachhilfe in Romantik“ gibt. Die entsprechenden Szenen sind die schönsten in „Hochzeitsfieber“, zumal Kiefersauer die vermeintliche Unvereinbarkeit der beiden Haltungen nicht übertreibt.
Foto: ZDF / Rolf Wischnewski
Der Rahmen für die unterschiedlichen Beziehungsebenen sorgt zudem für verschiedene Vorzeichen: Lena war bisher Buchhalterin in Sörens Baufirma, hat aber keine Lust mehr, die Freundin vom Chef zu sein und auch nach Feierabend noch über die Arbeit zu reden; deshalb wechselt sie in das traumhaft gelegene Hotel Mariefred. Weil Besitzerin Victoria (Adelheid Kleineidam) mit Buchführung nicht viel am Hut hat, muss sich Lena durch einen Konferenztisch voller Schuhkartons arbeiten. Sie braucht nicht lange, um festzustellen, dass Victoria erheblich mit ihren Steuerzahlungen im Rückstand ist; dem Hotel geht es finanziell sowieso nicht gut. Anton erweist sich als Retter in der Not: Seine Verlobte Ilvy (Laura Cuenca Serrano) will den schönsten Tag ihres Lebens auch am schönsten Ort Schwedens erleben. Sie ist der aktuell populärste Popstar des Landes, die Berichterstattung wäre die perfekte Werbung für Mariefred, aber ausgerechnet Victorias Sohn Charlie sabotiert Lenas Pläne nach Kräften. Seine Mutter hat nach einem Besuch bei ihrer Ärztin ohnehin ganz andere Sorgen.
Im Gegensatz zu den verliebten Avancen eines Blumenhändlers (Thomas Limpinsel), der sich vergeblich um Victorias Gunst bemüht, ist eine Nebenebene mit einem ständig streitenden alten Ehepaar (Philipp Sonntag, Heide Ackermann) eher nervig als lustig. Die beiden sind als Gäste des Hotels bloß ein Vorwand, um ihre Enkelin Ilvy ins Spiel zu bringen. Das ist aber auch das einzige kleine Manko dieses gut gespielten, schön fotografierten und mit flotten Soul-Oldies anstelle des üblichen Schmusepops unterlegten Films. (Text-Stand: 12.10.2021)