Im Schwitzkasten

Die Hartz-IV-Gesellschaft im Schwitzkasten in der Tragikomödie von Ire Eoin Moore

Foto: ZDF
Foto Rainer Tittelbach

Eoin Moores Dresen-like Kino-Koproduktion begleitet bedrohte Berliner Existenzen in ihrem tagtäglichen Überlebenskampf. Da wird geträumt oder gejammert – und das kann ziemlich komisch sein. Das exzellente Darsteller-Team, von Edgar Selge, Christiane Paul bis Charly Hübner, das sich unbefangen, ob mit oder ohne Körperbedeckung durch das Klima der verdrängten Verzweiflung bewegt, hat an der Ausgestaltung der Rollen mitgewirkt.

Den Betreibern einer kleinen Sauna in Berlin, Prenzlauer Berg, geht es nicht viel anders als den schwitzenden Stammgästen. Die einen träumen von Afrika und lukrativen Wellness-Paradiesen, die anderen versuchen ihr Glück mit Ein-Euro-Jobs und penetrantem Marketing. Und wo jede Perspektive fehlt, wird nur gejammert. Hartz-IV-Deutschland zwischen Gebirgslatschenkiefer-Aufgüssen und Schlammpackungen. Nur einer kann nicht klagen: der heißt Reich, ist Professor, Politikerinnengatte & möchte investieren. Im sanierungsbedürftigen Nassbereich wird er langsam warm mit den „kleinen Leuten“, die ums Überleben kämpfen. „Mit unseren Versprechungen haben wir die Menschen vom Staat abhängig gemacht. Wir müssen endlich in den Spiegel gucken, anstatt die Arbeitslosen in den Schwitzkasten zu nehmen“, schreibt er seiner Frau in eine Rede. Wenig später ereilt ihn der Exitus: Hitzschlag!

„Im Schwitzkasten“ ist eine Tragikomödie, der man den Spaß bei der Arbeit ansieht. Das exzellente Darsteller-Team, das sich keine Blöße gibt und sich unbefangen, ob mit oder ohne Körperbedeckung durch das soziale Klima der verdrängten Verzweiflung bewegt, hat an der Ausgestaltung der Rollen mitgewirkt. Ähnlich wie die Filme von Andreas Dresen geht auch Eoin Moores Kino-Koproduktion aus der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ ans Eingemachte und begleitet bedrohte Existenzen in ihrem tagtäglichen Überlebenskampf. Das kann ganz schön komisch sein. Und so beginnt der Film denn auch ein wenig klamaukig, den schnellen Lacher nicht verachtend. Im Verlauf der Handlung wenden sich der in Deutschland lebende Ire Moore und seine Autorenkollegen zunehmend den sieben gleichberechtigten Hauptfiguren zu. Die kleinen Dramen, die bisweilen etwas ausgedacht wirken, werden plastischer, die freundschaftlichen Bande enger geknüpft. Die Dramaturgie bleibt locker und undramatisch, Komödie und Ensemblefilm sorgen zwar für Distanz zu den Figuren, doch stets schwingt Sympathie mit. Die Sorgenfalten der Gebeutelten werden gegen Ende tiefer. Wenn selbst ein Besäufnis nicht mehr hilft, spätestens dann bittet der Boss zum Aufguss.

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Kinofilm

ZDF

Mit Charly Hübner, Edgar Selge, Laura Tonke, Christiane Paul, Esther Zimmering, Steffi Kühnert, Andreas Schmidt

Kamera: Bernd Löhr

Schnitt: Antje Zynga, Eoin Moore

Musik: Kai-Uwe Kohlschmidt, Warner Poland

Soundtrack: Die Pille („Geh mit mir“)

Produktionsfirma: Moneypenny Filmproduktion

Drehbuch: Sven S. Poser, Jens Köster, Eoin Moore

Regie: Eoin Moore

EA: 27.06.2007 23:15 Uhr | ZDF

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