Er ist ein Manager, wie es ihn tausendfach gibt in der temporeichen Welt der Chefetagen. Er organisiert, tut und macht von früh bis spät und soll sogar noch seinem engsten Mitarbeiter und Freund die Kündigung aussprechen. Peter Kowalski ist überfordert. Klassisches Burn-Out-Syndrom. Der Kopf schmerzt, das Herz rast, die mentalen Aussetzer häufen sich. „Diese Psycho-Kacke ist was für Loser.“ Wenig später sitzt er dann doch in der Praxis eines Psychotherapeuten und sucht nach einer schnellen Lösung. Die wird er hier nicht finden.
Die Vorurteile gegenüber den „Seelendoktoren“ sind noch immer groß. Erst wenn gar nichts mehr geht, wenn die äußeren Schutz- und Verdrängungsmechanismen versagen, weil das Innenleben zu sehr schmerzt, dann scheint der Psychotherapeut der letzte Ausweg zu sein. Eine Erfolgsgarantie, wie sie sich ein Karrieremensch wie Kowalski erkaufen möchte, gibt es aber nicht. Die Seele ist kein Organ, der Psychologe kein Halbgott hinter der Couch. „Kein Wunder, dass das Fernsehen sie noch nicht entdeckt hat“, erkennt die Autorin Gabriela Sperl. „Denn das Fernsehen lebt von Sicherheit, von der Versicherung, dass alles gut wird, dass das Kaputte wieder heil zu machen ist.“ Und das Fernsehen tut sich schwer mit Inhalten, die auf den ersten Blick nicht mehrheitsfähig sind. Pionierarbeit geleistet hat da im deutschen Fernsehen allein Dieter Pfaffs „Bloch“. Doch der ist kein klassisch arbeitender Psychologe, er begleitet seine Patienten durch den Alltag. Praxisgespräche sind bei ihm eine Seltenheit.
In „Helen, Fred und Ted“ steht dagegen die reale Therapiesituation im Mittelpunkt des Geschehens. Und Gabriela Sperl beweist einmal mehr, dass sie eine der wenigen Autoren hierzulande ist, denen es gelingt, das Schwierige mit dem Leichten zu verbinden. Dabei belässt sie den thematischen Anspruch und das Unterhaltungsbedürfnis in einem harmonischen Schwebezustand, der beide Seiten befriedigt. Konzentrierte Therapieszenen, die ob ihrer Vereinfachung keinen Psychologen beleidigen, und wahnsinnig komische Zwischenspiele, die stets auch das ganz normale Beziehungschaos, die kleinen Verletzungen und Eifersüchteleien unter den ach so aufgeklärten Akademikern, andeuten, fließen wie selbstverständlich ineinander. Das Leben ist wie ein Fluss. Das Ergebnis ist Fernsehen zum Innehalten, Nachdenken und Schmunzeln. Lachen und Weinen, was einst große theatrale Kunst charakterisierte – warum nicht auch das Fernsehen?! So sieht es auch Regisseurin Sherry Hormann: „Das Schicksal schlägt zu, noch während wir lachen, und während wir uns schwer, traurig oder gar depressiv fühlen, kann wiederum das Lachen zur Befreiung werden.“
Bei einem Filmthema, bei dem viele Zuschauer eine Art Schwellenangst an den Tage legen dürften, kommt der Besetzung eine besondere Rolle zu. Vertraute Gesichter sind nötig, aber auch Gesichter, in die sich tief blicken lässt. Da ist Friedrich von Thun als der unantastbare Couch-Charismatiker, der sich als „Symbol durchlebter 70er Jahre im Anzug der Ernsthaftigkeit“ (Hormann) nicht gern auf neue, ihn verunsichernde Methoden einlässt. Da ist die köstliche Gisela Schneeberger als dessen ähnlich traditionsbewusste Vorzimmerdame Traudel, die am liebsten mit ihrem Wellensittich spricht. Frisches Blut in die Therapeuten-Praxis bringen die zwei Neuen: die Frau für die harten klinischen Fälle, gewohnt vielschichtig gespielt von Andrea Sawatzki, und der Mann für methodische Flexibilität und Familien-Aufstellung, den Christian Berkel mit großem Elan und innerer Ruhe gibt. Alle finden den richtigen Ton, der Helen, Fred, Ted, ihre Patienten & die Zuschauer nie in tiefe Depressionen stürzt, der aber auch nie zum Degeto-Kuschel-TV verkommt. (Text-Stand: 13.9.2006)