Dezember 1989. Als sie sich kurz nach der Wende in der DDR einen Goldschatz schnappen will, wird Stasi-Offizierin Inka Sassner (Lina Wendel) von NVA-Soldaten angeschossen und im Wald liegen gelassen. Mehr als 30 Jahre später matched auf ihrem Computer ein Foto: Einer der Männer, die sie damals um das Gold gebracht haben, lebt in St. Andreasberg. Inka packt einen Koffer samt Pistole und düst in den Harz. Sie stößt dort aber nur auf Ernst Moch (Hans Klima), Patenonkel des Gesuchten, killt ihn eiskalt und schlägt dessen Nachbarn Rudi (Thomas Dehler) nieder. „Dorfsheriff“ Koops (Aljoscha Stadelmann) steht vor einem Rätsel, Inka setzt ihre blutige Suche fort. Sie kontaktiert Goldschmiedin Kim (Anna Bachmann), Tochter des mutmaßlichen Räubers Thorsten Lehnert. Der lebte unter den Namen Timo Warnau in dem beschaulichen Dorf, ist jedoch seit 19 Jahren spurlos verschwunden. Was weiß dessen Ex (Judith Engel) und deren zweiter Mann Detlef (Jörg Witte)? Unterdessen hat Koops zusammen mit Kollegin Mette Vogt (Anna Fischer) Inkas Spur aufgenommen. Eine Fährte führt in einen stillgelegten Bergwerksstollen im Harz, wo die Beute versteckt sein könnte.
Foto: Degeto / Kai Schulz
Der eine sucht die Ringe, Koops sucht eine Mörderin, und (fast) alle suchen einen Schatz. Doch wer suchet, der nicht immer findet. Koops Kumpel Heiner (Moritz Führmann) hat keine Geduld, kauft neue Ringe, Koops lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen, sucht geduldig die Täterin. Und der Goldschatz…?! Es ist wieder Western Time im Ersten: „Harter Brocken – Der Goldrausch“ ist der achte Harz-Krimi um „Dorfsheriff“ Koops, der mittlerweile schon eine Institution in der Krimi-Landschaft ist. Er lebt davon, unterschätzt zu werden, und beweist wieder mal: Nicht nur in der Stadt gibt es schlaue Jungs, sondern auch auf dem Dorf. Der Brocken ist nah. Auch Koops ist – nicht nur physisch – ein ordentlicher Brocken, der nicht so einfach mal beiseite zu schieben ist. Was auch für das Hindernis gilt, das sich vor dem gesuchten Gold auftürmt. Tief im Stollen stößt Koops auf den Schatz, doch der ist eingemauert. „Die Mauer muss weg“, stellt er fest. Mehr als nur ein Satz in einem Film mit einem von einer wahren Begebenheit inspirierten, fiktiven Fall. der seinen Ursprung in der Zeit des Mauerfalls in der DDR hat.
Es geht um Gier, unabhängig vom politischen System, hüben wie drüben, damals wie heute. Und wie weit Menschen gehen, diese zu stillen. Regie führt Markus Sehr. Es ist nach „Der Geheimcode“ und „Der Waffendeal“ bereits sein dritter „Harter Brocken“-Krimi. Hier hat er aber erstmals, gemeinsam mit Mika Kallwass („Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen“), auch das Drehbuch geschrieben. Und darin all das beherzigt, was Reihenerfinder Holger Karsten Schmidt in den ersten fünf Filmen vorgegeben hat: „Der Goldrausch“ bietet eine wilde Mixtur aus Thriller, Abenteuer und Comedy im Western-Stil. Aufgabe erfüllt. Wohl auch, weil Sehr Erfahrung mit Regional-Krimis hat: vier Filme in der Reihe „Friesland“ und zuletzt die komplette vierte Staffel der Serie „Mord mit Aussicht“.
Foto: Degeto / Kai Schulz
„Der Goldrausch“ bietet ein Katz- und Mausspiel mit cleveren Protagonisten: Auf der einen Seite der eigenwillige Koops, ein schlauer Stoiker, den nichts aus der Ruhe bringt, außer vielleicht beim Intervallfasten. Zumal immer, wenn er essen „darf“, nichts mehr da ist. Auf der anderen Seite die Ex-Stasi-Offizierin Inka. Mehr als 30 Jahre musste sie warten, um sich zu rächen und sich das Gold, das man ihr damals entrissen hat, zu holen. Eine eiskalte Lady, berechnendt, zupackend, rücksichtslos. So liefern sich die beiden ein kurzweiliges Katz- und Mausspiel, das seinen unterhaltsamen Höhepunkt in der Dorfkneipe findet, wenn sie sich ein Bier-Duell auf Augenhöhe liefern, die Killerin K.o.-Tropfen in den Hopfentrunk gibt, die Gläser vertauscht, Kopps zurück tauscht und man irgendwann nicht mehr weiß, wer hat denn nun das Bier mit der Knock-out-Wirkung. Das stellt sich erst heraus, wenn die beiden anschließend zusammen auf Koops Bude gehen. Regisseur Sehr hat diese Szene wunderbar getimt, Aljoscha Stadelmann und Lina Wendel haben sichtbar Freude an diesem Tresen-Zweikampf. Wendel, unter anderem bekannt als Detektivin aus der ARD-Krimireihe „Die Füchsin“ (ebenfalls eine Frau mit DDR-Vergangenheit) gibt die kaltblütige Gegenspielerin des friedfertigen Cops mit Bravour, kann ihm absolut das Wasser (oder Bier!) reichen.
Seinen Charme verdankt der wendungsreiche Krimi nicht zuletzt den lakonischen Dialogen und der optisch (Kamera: Paul Pieck) und akustisch (Musik: Tobias Wagner u.a.) geschaffenen Western-Atmosphäre. Western als Erzählform ist das Fundament eines jeden „Harter Brocken“-Krimis. Hinzu kommen Spannung, feiner Humor und eine vertrackte Geschichte samt Reise in die deutsche Vergangenheit. Und natürlich der Harz samt seinen Stollen. Fazit: Thriller, Abenteuer und Comedy in einem — ja, das geht!