Guglhupfgeschwader

Bezzel, Schwarz, Potthoff, Stefan Betz, Ed Herzog. Wenn der Spaß ein Loch hat

22.02.2025 20:15 ARD
23.02.2025 02:15 ARD
10.04.2025 20:15 One
12.04.2025 00:35 One
Foto: Degeto / Constantin / Schuller
Foto Tilmann P. Gangloff

Der achte Eberhofer-Krimi, „Guglhupfgeschwader“ (BR, Degeto / Constantin), bringt erneut alles mit, was die Reihe auszeichnet: eine abwechslungsreiche Handlung, pointenreiche Dialoge, skurrile Figuren, schurkische Schurken. Eigentlich will der unterambitionierte niederbayerische Dorfsheriff Franz bloß seine Ruhe, aber Freund Rudi ärgert sich, weil der Provinzpolizist immer die Lorbeeren für die gemeinsam gelösten Fälle erntet, und Freundin Susi schleppt ihn gar zum Paartherapeuten. Alles beim Alten, inklusive der unvermeidlichen Runde im dörflichen Kreisverkehr, aber der mitunter makabre Humor ist diesmal etwas düsterer als sonst und keineswegs immer harmlos; auch die Inszenierung wirkt zugespitzter. Ein simpler Kniff hat zur Folge, dass die boshaften Dialoge direkt ins Herz treffen.

Seit zehn Jahren sorgen die Eberhofer-Krimis für eindrucksvolle Zahlen, aber wirklich zu erklären ist das Phänomen nicht. 2013 ist die Reihe mit der ursprünglich als Fernsehproduktion konzipierte Krimikomödie „Dampfnudelblues“ gestartet. Seit sie bundesweit (und nicht nur im Süden) in den Kinos laufen, gehören die Verfilmungen der Bestseller von Rita Falk regelmäßig zu den erfolgreichsten deutschen Produktionen; der ARD bescheren sie im „Sommerkino“ zwölf Monate später zuverlässig gute Quoten. Dabei sind die Geschichten gar nicht mal sonderlich originell. Der Humor ist krachledern, die Freundschaft zwischen dem unterambitionierten niederbayerischem Provinzpolizisten Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) und Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) erinnert an ein altes Ehepaar, was den Dorfsheriff im Grunde zum Bigamisten macht, denn sein Verhältnis zur Freundin bewegt sich ebenfalls zwischen Streit und Versöhnung; diesmal schleppt Susi (Lisa Maria Potthoff) den beratungsresistenten Beziehungs-Muffel gar zum Paartherapeuten. Rudi wiederum ärgert sich, dass Eberhofer die Lorbeeren für die gemeinsam gelösten Fälle erntet; und dann weist der Freund auch noch den dreibeinigen Hund zurück („Hinkelotta“ wirkte schon in „Kaiserschmarrndrama“ mit), den Rudi ihm als Ersatz für den verstorbenen Ludwig schenken will. Trost findet der Detektiv bei einer spirituellen Seelenverwandten (Stefanie Reinsperger), auf die Franz prompt mit Eifersucht reagiert.

GuglhupfgeschwaderFoto: Degeto / Constantin / Schuller
Home sweet Home. Köstlich dysfunktional, doch am Ende hält die Familie z’samm. Daniel Christensen, Eisi Gulp. Sebastian Bezzel, Enz Fuchs und Lisa Maria Potthoff

Unverzichtbarer Bestandteil der Filme ist neben dem ausgeprägten Dialekt und den herzhaften Flüchen von Vater Eberhofer (Eisi Gulp) mindestens eine Runde im dörflichen Kreisverkehr, der somit sinnbildlich für die Reihe steht, denn Eberhofers Sozialgefüge dreht sich ebenfalls im Kreis. Die Mitglieder seiner Familie sind einander in herzlicher Abneigung zugetan, raufen sich aber angesichts einer Bedrohung von außen stets zusammen. Für weitere Heiterkeiten sorgen die Saufkumpane, wobei Sanitärspezialist Flötzinger (Daniel Christensen) regelmäßig zur Zielscheibe böser Scherze wird. In „Guglhupfgeschwader“ spielt ihm das Schicksal einen besonders bösen Streich: In Ermangelung eines Geburtstagsgeschenks überlässt Eberhofer ihm einen ausgefüllten Lottoschein. Die Zahlen werden prompt gezogen, weshalb sich „Flötzi“ angesichts eines Jackpots von 17 Millionen Euro schon an der Spitze eines Sanitärimperiums sieht; der Bürgermeister (Thomas Kügel) würde sogar den Kreisverkehr nach ihm benennen. Den Reichtum vor Augen ändert Flötzinger umgehend sein Erscheinungsbild, was Walter Schwarzmeier (Kostüm) garantiert großen Spaß gemacht hat: Der Geschmack des Installateurs ist zwar fragwürdig, aber ausgefallen.

Die Krimiebene ist diesmal weniger witzig, denn die Gegenseite schreckt nicht vor mafiösen Methoden zurück. Die Auseinandersetzungen eskalieren schließlich in einen Schusswechsel, den Reihenregisseur Ed Herzog wie den Showdown eines Italo-Westerns inszeniert; am Ende kehrt Oma Eberhofer (Enzi Fuchs) einen ganzen Eimer voller Hülsen zusammen. Schon der Auftakt dieses Handlungsstrangs deutet an, dass mit den Typen, auf die sich „Lotto-Otto“ (Johannes Berzl) eingelassen hat, nicht zu spaßen ist: Als Eberhofer die Lottoscheine der Familie abgibt, wird das Geschäft beschossen. Otto, möglicherweise sein Sohn, weil der junge Franz vor 24 Jahren mal was mit seiner Mutter hatte, hat zudem bereits einen vermeintlich verzichtbaren kleinen Körperteil verloren. Später geht der Laden nach einem Molotow-Anschlag in Flammen auf. Ottos schwer übergewichtige Mutter kommt in dem Feuer um, was nicht mehr lustig ist. Oder um es mit Eberhofer zu sagen: „Da hat der Spaß ein Loch.“

GuglhupfgeschwaderFoto: Degeto / Constantin / Schuller
Drei Engel für den Lotto-Otto: Leopold (Gerhard Wittmann), Franz (Sebastian Bezzel) und Susi (Lisa Maria Potthoff). Alle Jahre wieder: ein „Sommerkino“-Spaß im Ersten

So gesehen hat diese achte Episode aus Niederkaltenkirchen (Buch: Herzog und Stefan Betz) ganz schon viele Löcher: Der Humor wirkt düsterer als sonst und ist auch keineswegs immer harmlos. Aus Sicht eines Publikums, das in erster Linie eine Familienkomödie erwartet und sich vor allem über die witzigen Dialogduelle zwischen Franz, Rudi und Susi sowie die komische Verzweiflung von Flötzi amüsieren will, ist das womöglich eine Entwicklung in die falsche Richtung. Wer’s dagegen ein bisschen makabrer mag und sich über Anleihen bei anderen Genres freut, wird an „Guglhupfgeschwader“ auch dank kleiner Inszenierungsideen – hier ein Fotoroman, dort ein Schnittstakkato – noch ein bisschen mehr Freude haben als an den letzten Filmen. Die Inszenierung wirkt außerdem zugespitzter. Ein kleiner Kniff hat zur Folge, dass die verbalen Giftpfeile mitten ins Herz treffen: Die Ensemblemitglieder schauen bei den oftmals boshaften Dialogen haarscharf am Objektiv vorbei, also quasi dem Publikum in die Augen. Die Inszenierung hat sich ohnehin seit den ersten Filmen deutlich weiter entwickelt. Die Kamera (nach zwei Filmen Pause wieder Sebastian Edschmid) setzt einige wahrnehmbare Akzente, ebenso wie die Kompositionen von Martin Probst, die mit ihrer modernen Volksmusik längst ein weiteres Markenzeichen der Reihe ist. Dank der Unterstützung durch den Bayern-Rapper Liquid konnte Herzog den Film um ein witziges Video ergänzen, in dem Flötzi seinen bevorstehenden Reichtum feiert. Daniel Christensen macht das gar nicht schlecht, Lisa Maria Potthoff darf zum Abspann mit Unterstützung des Ensembles kontern.

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Kinofilm

ARD Degeto, BR

Mit Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Gerhard Wittmann, Daniel Christensen, Johannes Berzl, Stefanie Reinsperger, Michael A. Grimm, Stephan Zinner, Max Schmidt, Sigi Zimmerschied, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer

Kamera: Sebastian Edschmid

Szenenbild: Anette Ingerl

Kostüm: Walter Schwarzmeier

Schnitt: Stefan Essl

Musik: Martin Probst

Soundtrack: Angela Neubauer („Lieb mich“)

Produktionsfirma: Constantin Film

Produktion: Kerstin Schmidbauer

Drehbuch: Stefan Betz, Ed Herzog – Vorlage: Rita Falk

Regie: Ed Herzog

Quote: 6,37 Mio. Zuschauer (23,7% MA)

EA: 07.08.2023 20:15 Uhr | ARD

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