Juliane durchlebt die Glücksgefühle der wahren Liebe. Mit ihrem neuen Freund August ist sie auf dem Weg nach Finnland zu ihrem Vater. Das Licht, die Landschaft, die Leidenschaft, alles fließt zusammen zu einem wundervollen sommerlichen Rausch. Die Frau, Mitte 30, scheint endlich angekommen zu sein. Sie schläft in den Armen ihres Geliebten ein… und wacht auf in ihrer alten Wohnung, ein halbes Jahr vorher, im Berliner Winter. An ihrer Seite nicht der zärtlich verspielte August, sondern ihr Langzeitfreund Philipp, von dem sie sich vor einigen Monaten endlich geschafft hat zu trennen. „Ich hab das alles schon erlebt“, flüstert Juliane irritiert; „ich weiß“ entgegnet Philipp in der Annahme, sie meine die immergleichen Rituale ihrer trostlosen Beziehung. Juliane weiß nicht, ob sie diese Zeitreise als Strafe oder als Chance sehen soll. Zu drei Dingen jedenfalls muss sie eine Haltung finden: Wird sie es noch einmal schaffen, Hemmschuh Philipp abzustreifen? Wird sie August, die Liebe ihres Lebens, ein zweites Mal kennenlernen? Und wird sie den Unfalltod ihrer besten Freundin verhindern können? Doch ist die optimale „Neugestaltung“ der zweiten Existenz überhaupt möglich? Schließlich ist die neue Liebe im Angesicht der sterbenden Freundin in ihr Leben getreten.
Foto: ZDF / Peter Przybylski
Die klassische Zeitreise ist eine faszinierende Vorstellung. Alles Erlebte noch einmal zu erleben, ohne es beeinflussen zu können, ist dagegen ein äußerst bedrückender Gedanke. Die Kino-Koproduktion „Fenster zum Sommer“ verwebt beide Muster und mogelt sich um eine stringente Erzählhaltung, was dem Film letztlich aber zugute kommt: so behält er etwas (Alp-)Traumhaftes, etwas schwer zu Fassendes, ein Geheimnis. Und weil man als Zuschauer nicht genau weiß, wohin uns Hendrik Handloegten führen wird, gehört die Aufmerksamkeit stets dem Augenblick. Durch den Kontakt zu einem Kind scheint die Heldin klarer zu sehen. Köstlich komisch die Momente, in denen die beiden Freundinnen (berlinerndes Gegenbild zu Nina Hoss: Fritzi Haberlandt) aneinander vorbeikommunizieren. Und ein magischer Moment der völlig unromantischen Art ist das Trennungsgespräch, eine Entliebungserklärung zum Mitschreiben, die die neun Jahre Beziehung illusionslos auf den Punkt bringt.
Trotz gelegentlich wagemutiger Montage und betörender Kinobilder, hier der fließende finnische Sommer, dort der in Schönheit erstarrte Berliner Winter, geraten die Schauspieler mehr und mehr in den Fokus. Nina Hoss erhellt die vornehmlich düsteren Bilder. Ihre Selbstzweifel, ihre Handlungsanweisungen, ihre inneren Monologe werden zur Triebkraft des mitunter etwas rätselhaften Geschehens. Mit traumwandlerischer Sicherheit führt sie den Zuschauer durch den Film – und das mit weitaus größerer Bodenhaftung als in den meisten ihrer Petzold-Filme. Ihre Protagonistin weiß, was sie will, sie weiß nur (noch) nicht, wie und ob sie es bekommen wird. Mit ähnlicher Offenheit muss man sich als Zuschauer dieser Protagonistin und Handloegtens Bausteinen zum Glück anschließen, dann könnte einem „Fenster zum Sommer“ ungewohnte Zugänge zu Themen wie Liebe (auf den ersten Blick), Schicksal, Zufall oder Vorsehung öffnen. Oder auch nicht. Auch das wäre nicht schlimm. Die 90 Minuten blieben – im Übrigen auch auf dem Fernsehbildschirm! – dennoch ein Gewinn.