Fanny und die gestohlene Frau

Jutta Speidel, Stefan Merki, Walendy, Monheim. Schlicht & einfach & kaum komisch

Foto: Degeto / Barbara Bauriedl
Foto Tilmann P. Gangloff

Erneut wirbelt Fanny durch das Dasein anderer Leute. Diesmal hilft die Lebenskünstlerin einem Mann, dem der Sohn seiner verstorbenen Partnerin den Nachlass streitig macht, obwohl es ein eindeutiges Testament gibt. Dabei hat Fanny genug eigene Probleme: Ihr unvermutetes Erbe wird von der Steuer gefressen. Auch „Fanny und die gestohlene Frau“ ist in erster Linie wegen Jutta Speidel sehenswert. Witz, Tempo und Originalität, all’ das also, was eine gute Komödie ausmacht, hat der Film allenfalls in Ansätzen zu bieten.

Auch der zweite Film mit Jutta Speidel als sechzigjähriger Lebenskünstlerin bleibt vieles schuldig, unter anderem Witz, Tempo und Originalität; all’ das also, was eine gute Komödie ausmacht. Sehenswert ist „Fanny und die gestohlene Frau“ nur wegen Jutta Speidel, selbst wenn die Hauptfigur in mancherlei Hinsicht klischeehaft angelegt ist. Das gilt vor allem für die Kleidung: Fanny tritt stets knallbunt auf, was Jugendlichkeit signalisieren soll. Charakterlich hingegen ist die Rolle auf interessante Weise widersprüchlich: Einerseits ist Fanny durchaus hilfsbereit, andererseits egoistisch, wenn es um ihre eigenen Interessen geht. Darstellerisch ist das eine Herausforderung, denn die Titelheldin soll natürlich auch Sympathieträgerin sein.

„Fanny und die gestohlene Frau“ knüpft inhaltlich direkt an den ersten Film, „Fanny und die geheimen Väter“, an: Die Münchenerin hat ein Anwesen am Ammersee und viel Geld geerbt, aber der Nachlass ist mit der Bedingung verbunden, dass sie sich um ihren geistig behinderten Halbbruder Elias (Dennis Mojen) kümmert. Auch diesmal versucht sie mit allerlei Tricks, das Erbe möglichst ohne Elias anzutreten; der ist in der Obhut einer Haushälterin ohnehin gut aufgehoben. Als die Frau für zwei Tage weg muss, lässt Fanny den jungen Mann abends allein. Weil sie nicht wie verabredet um 22.30 Uhr wieder da ist, macht sich Elias auf die Suche und wird am nächsten Tag von der Polizei heimgebracht; Fanny droht, die Betreuung und damit auch das Erbe zu verlieren.

Erneut kombiniert das Drehbuch (Thomas O. Walendy) Fannys Erlebnisse mit einer zweiten Ebene. Dieses Erzählmuster hat die ARD-Tochter Degeto auch in einigen der neuen Krimireihen praktizieren lassen, aber im „Bozen-Krimi“ und im „Zürich-Krimi“ waren die horizontalen Geschichten viel interessanter als die Episodenfälle. Das ist bei „Fanny“ nicht anders, zumal der Hauptstrang deutlich mehr Potenzial mitbringt. Allein die Beziehung zwischen der Erbin und ihrem Mündel, die hier etwas stärker in den Vordergrund rückt, würde eine Menge Stoff bieten. Dafür betonen Walendy und Regisseur Mark Monheim die abwechslungsreichen und mit viel Situationskomik durchsetzten Szenen mit Fanny und ihrem Anwaltschef Wotan Hackenbusch; amüsant ist zum Beispiel, dass Fanny dauernd ihren Job als Empfangsdame kündigt und jedes Mal kurz drauf wieder eingestellt wird. Dass die beiden nach einem feuchtfröhlichen Karaoke-Abend auch noch im Bett landen, macht ihre Beziehung nicht einfacher, tut dem Film aber gut. Speidel und Stefan Merki sind ein interessantes Gespann und schauspielerisch zwei Klassen besser als manche Nebendarsteller.

Fanny und die gestohlene FrauFoto: Degeto / Barbara Bauriedl
Wotan Hackenbusch (Stefan Merki) und Fanny (Jutta Speidel) haben ein Geheimnis vor Star-Anwältin Rita Kopp (Jennifer Ulrich).

Ähnlich heterogen ist die Gestaltung der Geschichte. Es gibt einige Momente, die anders als im ersten Film tatsächlich witzig sind. Gleich zu Beginn rutscht ein Grab ein Stockwerk tiefer, und der Grabstein plumpst hinterher. Anschließend stellt Fanny die handelnden Personen vor, die nacheinander in ihrem Kleinwagen auftauchen, darunter auch ihren verstorbenen Vater (Max Schmidt), mit dem sie wie in Teil eins regelmäßige Zwiegespräche hält. Im Gegensatz zu diesen heiteren Einlagen soll die Episodenhandlung eine eher ernste Seite repräsentieren: Kurt Basinski (Hans-Uwe Bauer) trauert um seine Lebensgefährtin, eine Malerin. Sie hat ihm zwar ihren Besitz hinterlassen, darunter auch das Haus, in dem die beiden gelebt haben, doch ihr auf die Rückseite eines Gemäldes gekritzeltes Testament trägt kein Datum. Ihr Sohn, ohnehin voller Groll gegen Kurt, weil er der Familie damals die Mutter „gestohlen“ hat, will ihn aus dem Haus werfen lassen; Kurt soll nicht mal der Beerdigung beiwohnen dürfen. Kurzerhand fügt Fanny dem Testament ein Datum hinzu, und die Sache scheint geritzt; aber auch der Anwalt (Oliver Bröcker) der Gegenseite ist mit den nötigen Abwassern gewaschen.

Während der Hauptstrang so viele Versatzstücke aus Teil eins aufgreift, dass er im Grunde die gleiche Geschichte noch einmal erzählt, ist die Nebenhandlung weder ausreichend interessant noch reizvoll genug besetzt, um zu rechtfertigen, dass sie sich immer wieder in den Vordergrund schiebt. Erschwerend kommt hinzu, dass Monheim sein Publikum für begriffsstutzig hält: Als Fanny mit Tinte das Datum gefälscht hat, muss sie Hackenbusch junior (Johann David Talinski) hinterrücks ihre blaue Fingerspitze zeigen, damit auch wirklich jeder kapiert, was sie getan hat; in anderen Szenen erläutern Nebenfiguren, wie die Handlung weitergeht. Das einzig komplizierte an diesem Film ist der Titel, bei dem man ein bisschen um die Ecke denken muss; für die Geschichte gilt das nicht mal ansatzweise. Angesichts ihrer Schlichtheit wäre selbst eine Redensart wie „Wie gewonnen, so zerronnen“ (die tatsächlich zitiert wird) weitaus treffender gewesen. (Text-Stand: 16.4.2016)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Jutta Speidel, Johann David Talinski, Stefan Merki, Jennifer Ulrich, Patrick von Blume, Hans-Uwe Bauer, Dennis Mojen, Isolde Barth, Lena Stolze, Max Schmidt, Oliver Bröcker

Kamera: Daniel Schönauer

Szenenbild: Harald Turzer

Kostüm: Mo Vorwerck

Schnitt: Connie Strecker

Musik: Sebastian Peter Bender

Produktionsfirma: Hager Moss Film

Drehbuch: Thomas O. Walendy

Regie: Mark Monheim

Quote: 3,18 Mio. Zuschauer (11,5% MA)

EA: 03.06.2016 20:15 Uhr | ARD

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