Familie Bundschuh – Woanders ist es auch nicht ruhiger

Sawatzki, Milberg, Winter, Wied, Löbau, Malton. Handwerker & andere Katastrophen

Foto: ZDF / Volker Roloff
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Inhalte gleichen sich, bloß der Rahmen wechselt: Die Komödien über die Chaos-Familie Bundschuh erzählen die immer wieder gleiche Geschichte einer überforderten Hausfrau und Mutter, die an ihrer buckligen Verwandtschaft verzweifelt. Im sechsten Film der Reihe, „Woanders ist es auch nicht ruhiger“ (ZDF / Ziegler Film), ziehen Gundula und Gatte Gerald (Sawatzki & Milberg) nach Brandenburg. Ihr neues Domizil hat die Größe eines Palastes, ist aber dringend renovierungsbedürftig, und das ist das Problem: Eine strenge Denkmalschutz-Beauftragte (Leslie Malton) wacht mit Argusaugen darüber, dass die historische Bausubstanz nicht beschädigt wird. Weil die gesamte Mischpoke ebenfalls mit umgezogen ist, kombiniert das Drehbuch munter die gewohnten familiären Zusammenstöße mit diversen handwerklichen Missgeschicken. Das mag nicht originell sein, ist aber durchaus aufs Neue vergnüglich.

„Tief durchatmen, die Familie kommt“ hieß 2015 die erste Komödie nach einer Romanvorlage von Andrea Sawatzki. Ab dem vierten Teil hat das ZDF der Reihe einen eigenen Titel gegeben. Es ging zwar auch vorher stets um „Familie Bundschuh“, aber spätestens jetzt war klar: Die Sippe braucht fortan nicht erst eigens anreisen; Gundula, die tragische Antiheldin, wird sie nicht mehr los. Nach Weihnachten, Familienfest, Urlaub, Schule und nochmals Weihnachten muss sie sich nun einer neuen Herausforderung stellen: Weil es in der Einflugschneise des doch noch eröffneten Berliner Flughafens lag, hat das Ehepaar sein Haus verkauft. Mit dem Umzug verbindet Gundula (Sawatzki) zudem die Hoffnung, die lästige Mischpoke loszuwerden. Allerdings hat Gatte Gerald (Axel Milberg) in Brandenburg ein Domizil erworben, das einem britischen Landsitz gleicht, ein Schnäppchen zudem, was im Film spätestens seit der US-Komödie „Geschenkt ist noch zu teuer“ (1986) Böses ahnen lässt.

Familie Bundschuh – Woanders ist es auch nicht ruhigerFoto: ZDF / Volker Roloff
Alle Bundschuhs leben nun unter einem Dach. Das sorgt für einiges Vergnügen beim Zuschauer. Geralds Mutter Susanne (Judy Winter), Matz (Levis Kachel), Gerald (Axel Milberg), Gattin Gundula (Andrea Sawatzki), Gundulas Bruder Hadi (Stephan Grossmann), ihre Mutter Ilse (Thekla Carola Wied) und Hadis Röschen (Eva Löbau)

Tatsächlich ist der ehrwürdige Kasten aus dem frühen 18. Jahrhundert dringend renovierungsbedürftig. Das eigentliche Problem ist jedoch die Repräsentantin der örtlichen Denkmalschutzbehörde: Hella von Sternberg (Leslie Malton) wird mit Argusaugen darüber wachen, dass die Bausubstanz keinen Schaden erleidet; die Bundschuhs dürfen ohne ihre Erlaubnis nicht mal einen Nagel in die Wand schlagen. Während Gerald trotz seiner beiden linken Hände wie gewohnt große Töne spuckt, muss sich Gundula damit abfinden, dass nun alle unter einem Dach wohnen: Da sich bereits ihr parasitärer Bruder Hadi (Stephan Grossmann) samt seiner gottesfürchtigen schwäbischen Gattin (Eva Löbau) ins neue Haus hineinschmarotzt hat, müssen die Bundschuhs wohl oder übel auch die Mütter Ilse (Thekla Carola Wied) und Susanne (Judy Winter) einziehen lassen, selbst wenn die beiden Schabracken schon jede für sich eine Plage sind.

Fortan folgt die turbulente Handlung der Devise „Schlimmer geht immer“: Natürlich entpuppt sich das Haus als Fass ohne Boden. Vermutlich musste Stephan Kuhlmann, dessen Drehbuch anders als der letzte Film („Familie Bundschuh im Weihnachtschaos“, 2020) wieder auf einem Roman Sawatzkis beruht, aufpassen, dass er sich nicht selbst plagiiert: Eine ganz ähnliche Geschichte hat er bereits in „Handwerker und andere Katastrophen“ (2016, ZDF) erzählt, einer ähnlich munteren Komödie mit Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen über ein Paar, das gemäß Murphys Gesetz an der Renovierung eines maroden Hauses verzweifelt. Gundula ergeht es ähnlich: Jedes Mal, wenn sie glaubt, endlich mal tatsächlich durchatmen zu können, ereignet sich ein neues Malheur. Ebenso erwartbar sind die Zustände, die die Denkmalschutz-Dame bekommt, als sie entdeckt, dass Gerald bei der Einrichtung seines Musikzimmers weder die kostbaren Delfter Kacheln noch die historischen Stuckarbeiten geschont hat.

Familie Bundschuh – Woanders ist es auch nicht ruhigerFoto: ZDF / Volker Roloff
Ohne Hella von Sternberg (Leslie Malton), die bestimmende Dame von der örtlichen Denkmalschutzbehörde, geht bei der Hausrenovierung gar nichts. Andrea Sawatzki

Soundtrack: Della Reese („It’s So Nice To Have A Man Around The House“), Roy Orbison („In Dreams“, „Blue Bayou“)

Einige Pointen sind sogar bis ins Detail vorhersehbar, machen aber gerade deshalb trotzdem Spaß; das gilt auch für die verschiedenen Slapstickmomente, wenn Gundula beispielsweise zu den Klängen des Roy-Orbison-Klassikers „Blue Bayou“ ein unfreiwilliges Bad nimmt, weil der Keller unter Wasser steht. Dank des ohnehin sehenswerten und mittlerweile zudem perfekt eingespielten Ensembles sind auch die Familienszenen amüsant (Regie, zum vierten Mal: Thomas Nennstiel, „Der letzte Bulle“, „Liebe bis in den Mord“), selbst wenn weder Sawatzki noch Kuhlmann viel Neues zu den Figuren eingefallen ist. Abweichungen gibt es allenfalls im Detail. So findet Susanne einen überraschend erfolgreichen Weg, aus ihrer umtriebigen Lebenserfahrung einen Nutzen zu ziehen: Sie erzählt Teenagern per Video, was die schon immer über Sex wissen wollten, bisher aber nicht zu fragen wagten.

Die musikalische Auswahl ist dagegen naheliegend: Als Hadi fürchtet, der neue italienische Freund werde seine Mutter um ihr Erspartes bringen, erklingt dazu Nino Rotas berühmte Titelmelodie aus „Der Pate“. Andererseits ist dies exakt das humoristische Schema des Films: Gerald hat einen voluminösen Kronleuchter aufgehängt und kostet seinen Triumph aus, als Gundula den Schalter betätigt; aber es ist völlig klar, dass das Licht umgehend wieder verlöschen und dann das ganze Gerät mit Getöse von der Decke stürzen wird. So funktioniert mittlerweile im Grunde die ganze Reihe: Stets ist zu ahnen, was als Nächstes passiert, aber wenn das Ereignis eintritt, macht es trotzdem Spaß. Das mag nicht originell sein, ist aber wirkungsvoll. Die pointenreichen Dialoge sind ohnehin (wie immer) ein Vergnügen.

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Reihe

ZDF

Mit Andrea Sawatzki, Axel Milberg, Judy Winter, Thekla Carola Wied, Eva Löbau, Stephan Grossmann, Leslie Malton, Uwe Ochsenknecht, Levis Kachel

Kamera: Nicolay Gutscher

Szenenbild: Martina Brünner

Kostüm: Corinna Baum

Schnitt: Marco Baumhof

Musik: Jacki Engelken

Redaktion: Anja Helmling-Grob

Produktionsfirma: Ziegler Film

Produktion: Regina Ziegler

Drehbuch: Stephan Kuhlmann

Regie: Thomas Nennstiel

Quote: 6,15 Mio. Zuschauer (20,1% MA)

EA: 06.12.2021 20:15 Uhr | ZDF

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